Futuristisch: Der Hyundai Nexo macht auch optisch einiges her. In rund vier Minuten ist er vollgetankt. Foto: mid
Von Daniel Hund
Heidelberg. Mut zu neuen Ideen, zu zukunftsweisenden Technologien? In der Autoindustrie nimmt Hyundai da längst eine Art Vorreiter-Rolle ein. Für viele ist es eher Mut zum Risiko, für den südkoreanischen Autobauer dagegen offenbar längst eine Verpflichtung. Erst kürzlich war die Rhein-Neckar-Zeitung im kompakten Elektro-SUV namens Hyundai Kona unterwegs, nun war ein anderer Umwelt-Champion dran: der Hyundai Nexo. Bei ihm heißt das Zauberwort: Brennstoffzelle. Und wie funktioniert die? Die kurze Variante: Chemische wird in elektrische Energie umgewandelt. Wasserstoff und Sauerstoff erzeugen Strom, reagieren aufeinander.
Im Fall des Nexo sollen so über 600 Kilometer am Stück möglich sein. Richtig, das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Ist aber wirklich so. Mit einer Tankfüllung von 6,33 Kilo Wasserstoff ging es 550 Kilometer durch die Kurpfalz - und rund 50 Kilometer waren noch im Tank. Allzu sehr sollte man sein Kontingent im Nexo nämlich nicht ausreizen, denn das Tankstellen-Netz für Wasserstoff-Autos ist überschaubar. Noch sind es gerade mal 70 Tankstellen auf deutschem Boden - Tendenz steigend.
Eine davon liegt gewissermaßen vor der Haustür. Im Hirschberger Gewerbepark. Einmal dort, geht dann übrigens alles sehr flott. Steht man sich mit einem Elektroauto noch die Beine in den Bauch, ist der Nexo ein Kurz-Tanker. Nach ein paar Zeiger-Umdrehungen zeigt man der H2-Tankstelle schon wieder die Rücklichter. Oder wie es der verdutzte Beifahrer ausdrückte: "Das ist ja nicht mal eine Kippenlänge." Knapp vier Minuten waren es ...
Gegenüber einem herkömmlichen Elektroauto also ein dicker Pluspunkt. Trotzdem wird der Nexo nah wie vor von vielen Autofans eher kritisch gesehen. Zu viele Kinderkrankheiten werden vermutet. Doch genau damit tut man Hyundai Unrecht. Denn der Nexo ist kein Erstlingswerk, sondern vielmehr eine konsequente Fortsetzung: Vor dem Nexo war der ix35 Fuel Cell, der ebenfalls auf Wasserstoff setzte und von 2013 bis 2018 produziert wurde. Der Nexo ist demnach also bereits die zweite Generation. Dass man ihn trotzdem noch nicht so häufig auf deutschen Straßen sieht, hängt sicher auch mit dem Preis zusammen: 69.000 Euro werden nämlich fällig.
Stimmt, das ist ein ganz schöner Batzen. Doch man bekommt auch viel Auto für sein Geld: Neben der wohl derzeit umweltfreundlichsten Technik, wenn es um den Ausstoß von schädlichen Abgasen geht, hat der Nexo so ziemlich alles an Bord, was aktuell machbar ist. Schon beim Einstieg kommt man aus dem Staunen kaum mehr heraus. Gerade die Mittelkonsole gleicht einem Mischpult aus einem Raumschiff, das so auch locker in einem neuen Star-Wars-Streifen auftauchen könnte. Überall sind Tasten, feinsäuberlich und edel angelegt.
Und die Assistenzsysteme erst. Der Nexo ist vollgepackt damit. Besonders praktisch: Dank Park-Unterstützung flutscht der Hyundai alleine in die Lücke. Aussteigen, Schlüssel drücken, staunend zuschauen - drin das Ding. Ebenfalls schön zu haben: Ein Totwinkel-Warner der neusten Generation, der mittels einer Weitwinkel-Kamera das direkte Umfeld checkt und die Bilder aufs Fahrerdisplay übermittelt.
Weiter mit dem Motor - auch der kann was: 163 PS und ein maximales Drehmoment von 395 Newtonmetern stellt der bereit. Das reicht, um das rund 1,8 Tonnen schwere Gefährt in 9,2 Sekunden auf Landstraßen-Tempo zu befördern. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 179 km/h, was bei der heutigen Verkehrssituation schon mehr als ausreichend ist. Selbst auf der Autobahn ist man flott unterwegs. Das Überholen von LKWs ist ein Kinderspiel.
Und nochmals zum besseren Verständnis: Den benötigten Strom erzeugt die Brennstoffzelle. Man könnte sie mit einer Art Kraftwerk vergleichen, das die Aufgabe hat, den aufgenommenen Wasserstoff in Energie umzuwandeln. Der Sauerstoff wird nebenbei während der Fahrt aufgesaugt. Und es kommt noch besser, der Nexo reinigt dabei sogar die Luft. Die gleiche Fahrtstrecke vorausgesetzt, kann er die Abgase von zwei Diesel-Fahrzeugen eliminieren, indem er die Feinstaub-Partikel aus der Luft filtert. Umwelt-Champion trifft es also tatsächlich ganz gut.
Beschweren kann man sich auch über das Platzangebot nicht. Alles ist recht großzügig angelegt. Selbst in der zweiten Reihe kann man sich problemlos lang machen, was den Nexo eigentlich auch zum perfekten Reiseauto macht. Eigentlich, weil man sich vorher genau anschauen sollte, wie es auf der Route mit Tankmöglichkeiten aussieht.
Unter www.h2.live ist das komplette europäische H2-Tankstellen-Netz übersichtlich aufgeführt. Neben der Station Hirschberg soll in Kürze übrigens auch in der Speyrer Straße in Heidelberg eine Wasserstoff-Tanke dazu kommen.
Fazit: Der Hyundai Nexo ist ein stimmiges Auto, das Fahrspaß mit Umweltbewusstsein verbindet. Fahrgefühl, Platzangebot, Sicherheit - es fällt wirklich schwer, negative Dinge zu finden.