Handel in Sorge
Ladenmieten in Top-Lagen sind in der Region deutlich gesunken. Flächen sind angesichts der Herausforderungen schwieriger zu vermitteln.

Von Barbara Klauß
Mannheim. Die Einzelhändler – auch in der Region Rhein-Neckar – haben es gerade nicht leicht. Das wichtige Weihnachtsgeschäft läuft angesichts der Rekordinflation schleppend, die drastisch gestiegenen Energiekosten belasten die Händler. Laut einer aktuellen Studie des Münchner Ifo-Instituts sehen sich inzwischen fast zwölf Prozent der Firmen in dieser Branche in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Damit stieg dieser Wert im November noch einmal leicht an, nachdem er im Oktober bereits bei 11,6 Prozent gelegen hatte, wie das Institut am Freitag mitteilte. "Viele Unternehmen im Einzelhandel blicken mit Sorge auf das anstehende Weihnachtsgeschäft", erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.
Seit Jahren ist immer wieder die Rede vom Leerstand in den Innenstädten. Einzelhändler geben auf – wie nun etwa das Modehaus Müller in Eberbach. Nach 140 Jahren schießen sich beim letzten verbliebenen Ur-Eberbacher Geschäft im Sommer die Türen. Auch aus der Heidelberger Innenstadt ziehen sich immer wieder Händler zurück. Gerade kündigte der Schuhhändler Görtz seinen Rückzug aus dem Darmstädter Hof Centrum an – wegen zu hoher Miete, wie das Unternehmen mitteilte. Andere Einzelhändler denken Umfragen zufolge darüber nach, angesichts der aktuellen Schwierigkeiten ihre Geschäfte später zu öffnen, früher zu schließen oder Ruhetage einzuführen.
All das wirkt sich auch auf die Mietpreise aus: Es werde schwerer, 1a-Lagen im Einzelhandel zu vermieten, erklärte Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar laut Mitteilung vom Freitag. "Denn potenzielle gewerbliche Mieter sind vielfältigen Herausforderungen ausgesetzt und stellen ihre Standorte auf den Prüfstand."
Entsprechend sind die Mietpreise für Einzelhandelsflächen in der Region im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 vielerorts deutlich gesunken, wie aus einer Auswertung der IHK hervorgeht. "Der Rückgang der Ladenmieten macht sich vor allem in den zentralen Lagen der großen Städte bemerkbar", sagte Nitschke. Untersucht hatte die IHK die Nettokaltmieten (ohne Nebenkosten und Mehrwertsteuer) in Mannheim, Heidelberg und Weinheim. In Mannheim betrug demnach die Ladenmiete für kleinere Geschäfte (rund 60 Quadratmeter) in 1a-Lage in Mannheim im Jahr 2019 rund 170 Euro pro Quadratmeter. Derzeit liegt sie 12 Prozent niedriger bei 150 Euro. Bei größeren Geschäften (rund 150 Quadratmeter) sank die Miete von 131 Euro auf 113 Euro; ein Rückgang um 14 Prozent.
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Ähnlich ist die Lage der Kammer zufolge in Heidelberg: Dort sank die Miete für Läden mit kleiner Verkaufsfläche in 1a-Lagen um 12 Prozent von 130 Euro pro Quadratmeter auf 115 Euro; bei größeren Händlern um 16 Prozent von 92 Euro auf rund 77 Euro.
Gerade in den hochpreisigen Handelslagen seien die Mieten besonders stark gefallen, so die IHK. In kleineren Städten lägen sie in der Regel deutlich niedriger, daher sei dort der Spielraum für Korrekturen geringer. In Weinheim beispielsweise zeigten sich die Mietpreise für Handelsobjekte in der Innenstadt konstant. Laut IHK lagen sie im Mittel zwischen 16 bis 17 Euro pro Quadratmeter.
Unterdessen zieht es die Menschen in Deutschland immer weniger in die Innenstädte: Laut einer Umfrage, die am Freitag veröffentlicht wurde, besucht fast ein Fünftel die Innenstädte weniger oder gar nicht mehr. Diejenigen, die es noch in die City zieht, wollen dort vor allem shoppen (56 Prozent). Nur 17 Prozent gaben an, wegen der Gastronomie oder der Grünflächen in die Innenstadt zu kommen. Handel und Städte forderten die Politik auf, "weiterhin für verbesserte Rahmenbedingungen für attraktive Innenstädte zu sorgen". Sie hätten durch die Corona-Einschränkungen "enorm" gelitten, erklärte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. "Tiefe Spuren" blieben zurück. Der Einzelhandel sei zwar nach wie vor die "Schlüsselbranche" für die Entwicklung der Innenstädte. Die Sogwirkung lasse allerdings nach – und das bereitet der Branche Sorgen.