Plus Sorge vor Lieferstopp wächst

Die Gasspeicher füllen sich kaum noch

Die erste Wohnungsgesellschaft stellt das Gas für die Heizung ab. Es kommt zu einem Ansturm auf Heizlüfter.

16.07.2022 UPDATE: 16.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Jessica Bendorf, Mitarbeiterin bei Hornbach, räumt einen Heizlüfter aus einem Regal auf einen Wagen. Foto: dpa

Heidelberg. (dpa) Wegen der Wartung von Nord Stream 1 fließt derzeit kein Gas aus Russland. Die Sorge vor einem dauerhaften Lieferstopp ist groß. Für Unternehmen und Verbraucher in Deutschland hätte das große Konsequenzen.

> Gas für Heizung abgestellt: Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Coburg stellt 2800 ihrer Mieter vorübergehend das Gas für die Heizung ab. Mit dem Schritt soll Brennstoff für den Winter gespart und ein Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel geleistet werden, sagte Wohnbau-Geschäftsführer Christian Meyer am Freitag. Die Warmwasser-Versorgung bleibe erhalten, Baden und Duschen sei weiterhin uneingeschränkt möglich. Wie hoch das Einsparpotenzial beim Abschalten über die Sommermonate sein werde, könne noch nicht kalkuliert werden, sagte Meyer. Er hofft jedoch auf spürbare Effekte.

> Füllstand ändert sich kaum: Der Füllstand der Gasspeicher in Deutschland verändert sich nach dem Stopp der russischen Gaslieferungen durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 kaum noch. "Derzeit wird annähernd gleich viel Gas ein- und ausgespeichert", berichtete die Bundesnetzagentur am Freitag in ihrem Lagebericht. Nach Informationen von Europas Gasinfrastruktur-Betreiber (GIE) stieg der Füllstand der deutschen Speicher am Donnerstag um 0,01 Prozent. Am Vortag war er noch um 0,06 Prozent gesunken. Der Energiekonzern Uniper teilte mir, dass er wegen der fehlenden Lieferungen aus Russland Anfang der Woche begonnen habe, wieder Gas aus Speichern zu entnehmen. Die Netzagentur hatte am Donnerstag gewarnt, die Entnahme von Gas erschwere es, die für den Winter notwendigen Speicherfüllstände zu erreichen und verringerten die Reserven für eine Mangellage.

> Ministerien wollen sparen: Schon einige Politiker haben Tipps gegeben, wie die Menschen in Deutschland Energie sparen können. Doch was macht die Regierung eigentlich selbst, um den Verbrauch von Energie zu senken? Eine Umfrage zeigt: Auch in den Ministerien wird gespart. Ministerien sind so etwas wie die Büros der Regierungsmitglieder und ihrer Mitarbeiter. Im Finanzministerium zum Beispiel sollen die meisten Klimaanlagen nicht mehr so stark kühlen. Dort soll es in den Räumen im Sommer nicht kälter als 26 Grad Celsius werden. Im Winter soll dann oft weniger geheizt werden. Ein Politiker aus dem Bundestag sagt: "Nicht weiter kühlen als bis 26, 27 Grad. Bei Beleuchtung sparen. Beim Heizen sparen, dort wo es geht. Wenn das jedes öffentliche Gebäude macht, kommt was zusammen."

> Brauer fürchten Engpass: Ein Stopp der russischen Gaslieferungen würde auch die deutschen Bierproduktion in große Bedrängnis bringen. "Die Brauereien sind als energieintensive Branche relativ gasabhängig", sagte Georg Schneider, Präsident des Bayerischen Brauerbunds und der Münchner Brauerei Schneider Weisse. Auf Gas angewiesen sind nach Schneiders Worten insbesondere Malzproduktion und Flaschenherstellung. Malz sei Getreide "das erstmal keimen muss", sagte Schneider. Die Keimung werde durch einen Trocknungsprozess unterbrochen. Das erfolge meistens mit Gas. "Wenn kein Gas mehr fließt, haben wir auch kein Malz mehr zur Verfügung."

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> Gefragte Heizlüfter: Die Angst vor Gas-Engpässen im kommenden Winter sorgt mitten im Sommer für einen Nachfrageboom bei Heizlüftern, Konvektorheizungen und Ölradiatoren. Das zeigt eine Umfrage der dpa bei Baumärkten und Elektronikhändlern. "Wir sehen derzeit eine überdurchschnittliche Nachfrage nach elektrischen Heizgeräten", berichteten dabei Deutschlands größte Elektronikhändler Media Markt und Saturn. "Wir liegen bei den Verkaufszahlen 100 Prozent über dem Vorjahr", hieß es bei der Baumarktkette Hornbach. Gerade in den letzten drei Wochen habe sich die Nachfrage noch einmal verstärkt. Auch der Baumarktverband BHB berichtete von einer verstärkten Nachfrage.

> Sanktionen wirken: Die gegen Russland verhängten EU-Sanktionen entfalten nach bislang unter Verschluss gehaltenen Daten ihre Wirkung. Wie Experten der EU-Kommission bestätigten, betreffen zielgerichtete Handelsbeschränkungen mittlerweile russische Exportgeschäfte, die vor dem Krieg ein Volumen von mehr als 73 Milliarden Euro im Jahr hatten. Prozentual gesehen geht es um 48 Prozent der bisherigen Ausfuhren Russlands in die EU.

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