Sinkende Gewinne treffen vor allem die Belegschaften
An den Dividenden wird nicht gespart. Der Betriebsrat sieht darin ein "schlechtes Signal".

Von Matthias Kros
Ludwigshafen/Walldorf. Bei den beiden mit Abstand größten Arbeitgebern der Region, BASF und SAP, ist derzeit Sparen das Gebot der Stunde. Der Chemiekonzern streicht weltweit 4200 Stellen, beim Softwarekonzern sind es 3000. Und auch die verbleibenden Beschäftigten müssen den Gürtel enger schnallen. Bei der BASF sinkt das Budget für die jährliche Erfolgsbeteiligung um rund ein Viertel auf 382 Millionen Euro, bei der SAP steigen die Gehälter in diesem Jahr trotz teils zweistelliger Inflationsraten im Schnitt nur um 3,7 Prozent. Arbeitnehmervertreter hatten im Vorfeld mindestens acht Prozent gefordert und reagierten entsprechend verärgert.
Weniger Grund zu meckern haben dagegen die Aktionäre der beiden Dax-Konzerne. Trotz eines Verlustes von 627 Millionen Euro im vergangenen Jahr will die BASF eine unverändert hohe Dividende von 3,40 Euro je Aktie zahlen. "Wir sind unseren Aktionären verpflichtet", sagte Finanzchef Hans-Ulrich Engel bei der Bilanzvorlage Ende vergangener Woche. Insgesamt werde die BASF drei Milliarden Euro an die Anteilseigner ausschütten. Darunter sind zwar auch etliche eigene Beschäftigte, die ihre Erfolgsbeteiligung regelmäßig in lukrative Aktienprogramme investieren können, was im vergangenen Jahr über die Hälfte der BASF-Mitarbeiter tat. Gunther Kollmuß, Bezirksleiter Ludwigshafen bei der Gewerkschaft IG BCE, sieht dennoch ein Ungleichgewicht: "Auch die Aktionäre sollten dazu beitragen, die enormen Zukunftsaufgaben der BASF zu stemmen", findet der Arbeitnehmervertreter und wünscht sich, dass ein Teil der Dividendensumme in das Stammwerk investiert würde.
Beim Softwarekonzern SAP soll die Dividende für das Geschäftsjahr 2022 trotz Gewinnrückgangs sogar steigen – auf 2,05 Euro je Aktie. Das entspräche einer Erhöhung um 10 Cent beziehungsweise fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Stattliche 2,4 Milliarden Euro würden damit an die Aktionäre ausgeschüttet, was die Ausschüttungsquote auf bemerkenswerte 140 Prozent ansteigen ließe. Das heißt, neben dem Gewinn würde sogar ein Teil des Eigenkapitals unter den Aktionären verteilt. SAP sei der Ansicht, dass die Aktionäre angemessen am Ergebnis des Geschäftsjahres 2022 beteiligt werden sollten, teilte der Softwarekonzern Ende der vergangenen Woche mit. Viele Anteilseigner sind derzeit wohl unzufrieden: Der Aktienkurs liegt aktuell noch rund 25 Prozent unter den Höchstständen aus dem Herbst 2020.
Auf der anderen Seite liegt auf den Beschäftigten ein hoher Spardruck. Interne Dienstreisen werden häufig nicht genehmigt, im vergangen Jahr gab es sogar einen Einstellungsstopp. Hinzu kamen die vergleichsweise schwache Gehaltsrunde und die Stellenstreichungen, die auch Walldorf betreffen werden.
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Entsprechend kritisch verfolgen Arbeitnehmervertreter die Verteilung der Konzerngewinne: "SAP schüttet mehr Geld an die Aktionäre aus, als im letzten Jahr erwirtschaftet wurde", sagte Eberhard Schick, Vorsitzender des Betriebsrats der SAP SE. "Das ist auch ein schlechtes Signal für uns Beschäftigte während einer Restrukturierungsmaßnahme."
Auch Andreas Hahn, Vorsitzender des SAP SE Betriebsrats (Europa), kann die hohe Ausschüttungsquote von 140 Prozent nicht nachvollziehen. "Stellt man dem die erwarteten Einsparungen durch die angekündigten Stellenstreichungen von jährlich rund 350 Millionen Euro und den Reallohnverlust bei den Mitarbeitenden durch die magere Gehaltsrunde gegenüber, ist dies eine Tendenz, der ich nicht nur ablehnend gegenüberstehe, sondern die ich höchst bedenklich finde", sagte Hahn auf Anfrage. "Ein Ausverkauf an die Aktionäre wäre das Ende einer unabhängigen SAP, die sich auf die Innovationskraft ihrer klugen Geister gründet, und nicht auf ’glückliche’ Dividendenempfänger". Seiner Ansicht nach solle der Gewinn im Groben dreiteilig verwendet werden: 30 Prozent Investition in Mitarbeitende, 30 Prozent Investition in Forschung und Entwicklung und 30 Prozent Beteiligung der Aktionäre. "Diese früher praktizierte gesunde Drittelung hat die SAP leider schon länger hinter sich gelassen".