Von Martin Oversohl
Stuttgart. Eine erste Corona-Infektion hatte der Mann aus dem Schwarzwald überstanden, die zweite aber überlebte er nicht. Die wichtigsten Hintergründe.
Was ist passiert? Nach Angaben des Landesgesundheitsamtes (LGA) ist ein 72-jähriger Covid-Patient aus dem Kreis Freudenstadt gestorben, der zuvor bereits von einer Erkrankung mit dem Virus genesen war. Nach Angaben des LGA handelt es sich um einen Mann, der im April 2020 erstmalig an Covid-19 erkrankt war. Ende Dezember 2020 habe sich der Mann erneut angesteckt, was Anfang Januar festgestellt worden sei.
Wie oft kommen solche Neu-Infektionen vor? Bei der Neuinfektion im Schwarzwald handelt es sich nach Überzeugung von Experten und nach jüngeren Studien um einen auch weltweit sehr seltenen Fall. "Das ist ein Ausnahmefall, nach dem ich keine Alarmglocken läuten lassen würde", sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Auch das Robert Koch-Institut spricht von "nur wenigen Fällen". Bekannt sind weltweit bislang nur einige Dutzend. Nach einem Bericht von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" dürfte der Freudenstädter Fall weltweit erst der dritte bekannt gewordene Todesfall nach einer Corona-Reinfektion sein.
Wieso kann man sich erneut anstecken, wenn man bereits infiziert war? Reinfektionen – also eine Ansteckung nach bereits durchgemachter Infektion – sind nach Überzeugung der Virologen zwar selten, aber eben nicht ausgeschlossen. Die bekannten Fälle zeigten, dass Infizierte bei einer ersten Erkrankung nicht immer eine ausreichende Immunität aufbauten und sich erneut anstecken könnten, sagte Watzl, der als Immunologe beim Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund arbeitet. Wie viele Antikörper ein Infizierter entwickle, hänge in der Regel mit der Schwere der Erkrankung zusammen.
Hat der Fall etwas mit der britischen Mutation des Virus zu tun? Der Landkreis Freudenstadt war zwar auch der erste Landkreis in Deutschland, in dem die in Großbritannien entdeckte Virusmutation bei einer Frau festgestellt wurde, die aus Großbritannien eingereist war. Beim aktuellen Fall gebe es aber aus epidemiologischer Sicht keine Hinweise auf die britische oder die Südafrikavariante des Coronavirus, teilte das LGA mit.
Verlaufen erneute Infektionen immer schwerer als erste Ansteckungen? Nein, das Gegenteil scheint überwiegend der Fall zu sein. Die meisten registrierten Reinfektionen seien milder verlaufen als die ersten Ansteckungen, wenngleich es auch wenige Ausnahmen gegeben habe, berichtet zum Beispiel die Fachzeitschrift "British Medical Journal" (BMJ).
Verringert sich der Immunschutz mit der Zeit? Ja. Eine Corona-Infektion könnte neuen Studien zufolge zwar monatelang vor einer Neuansteckung mit dem Virus schützen. Allerdings schwindet der natürliche Immunschutz auch mit der Zeit. Wie lange einmal Infizierte immun sind, lässt sich derzeit noch nicht sicher sagen. Studien zur Immunität über längere Zeiträume sind bislang schlicht nicht möglich, da es Sars-CoV-2 noch gar nicht so lange gibt.
Wie lange schützt mich eine Impfung? Auch nach einer Impfung kann man sich wahrscheinlich irgendwann wieder anstecken. Allerdings gibt es hier erst wenige Erfahrungswerte, da Impfstoffe deutlich kürzer vorliegen als das Virus im Umlauf ist. Gegen Ostern könne man vielleicht abschätzen, ob der Antikörper-Spiegel auch nach einer Impfung sinkt, sagte Uwe-Gerd Liebert, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Leipzig. Davon abhängig sei, wie oft man nachimpfen müssen.
Stuttgart. (dpa) In Baden-Württemberg ist ein registrierter Corona-Patient nach einer zweiten Infektion mit dem Virus gestorben. Es ist der erste derartige Fall im Südwesten, der bekannt geworden ist, und womöglich auch in Deutschland. Es handele sich um einen Mann aus dem Landkreis Freudenstadt, teilte das Landesgesundheitsamt am Mittwochabend in Stuttgart mit. Im April 2020 sei erstmals eine Corona-Infektion bei ihm nachgewiesen worden. Ende Dezember 2020 habe sich der Mann erneut angesteckt, was Anfang Januar festgestellt worden sei. "Der Patient verstarb im weiteren Verlauf an einer Covid19-Pneumonie (Lungenentzündung) und Sepsis mit Multiorganversagen." Zuerst hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" darüber berichtet.
Wie der Verbund weiter schreibt, handelt es sich um einen 73 Jahre alten Mann. Stefan Brockmann, der am Landesgesundheitsamt das Referat Gesundheitsschutz und Epidemiologie leitet, sagte der Deutschen Presse-Agentur, es sei der erste bekannte Todesfall nach einer zweiten Infektion im Südwesten. "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass er eine der neuen Virusvarianten hatte", erklärte Brockmann. Der Landkreis Freudenstadt war der erste Landkreis in Deutschland, in dem die in Großbritannien entdeckte Virusmutation aufgetaucht war.
Der Mann habe Vorerkrankungen gehabt, sagte Brockmann. Es sei daher wahrscheinlich, dass er bei der ersten Infektion keine starke Immunität ausgebildet habe. Die Chance, dass sich ein Mensch ein zweites Mal mit dem Coronavirus ansteckt, sei bisher sehr gering. Es gebe vereinzelte Fälle, bei denen die Patienten beim ersten Mal nicht genügend Antikörper ausgebildet hätten.
Nach dem Bericht von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" dürfte dies weltweit erst der dritte bekannt gewordene Todesfall nach einer Corona-Reinfektion sein. Im Oktober war eine 89-jährige Niederländerin verstorben, die allerdings immungeschwächt war. Im Dezember berichtete eine israelische Zeitung, dass dort ein 74-jähriger Bewohner eines Altenheims nach durchgestandener Erstinfektion im August sich erneut infizierte und verstarb, obwohl er zwischendurch dreimal negativ getestet worden sei.
Über Patienten mit einer zweiten Infektion gibt es noch relativ wenige Informationen. Das Robert Koch-Institut (RKI) teilte auf Anfrage des Rechercheverbunds mit, dass Reinfektionen seit einiger Zeit bei der Meldung ans RKI übermittelt werden können und dass derzeit eine Reihe dieser Meldungen überprüft werde.