Stuttgart. (lsw) Der Bund muss aus Sicht von Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) auch ohne Grundgesetzänderung rasch die fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen herausgeben. Die Investitionen seien wichtig, um in den Ländern die Grundlagen für eine bessere Ausbildung im digitalen Zeitalter zu schaffen. "Der Bund hat uns in die Lage gebracht, in der wir jetzt sind", sagte Eisenmann vor der Kultusministerkonferenz am Donnerstag. Eine dort zunächst geplante Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt werde nicht unterzeichnet.
Die Ministerin sprach von einem Erfolg für das föderale System in Deutschland, dass die Ministerpräsidenten am Mittwoch geschlossen gegen eine Verfassungsänderung gestimmt hätten. "Der Bund hat die Grundgesetzänderung angestrebt, weil er nicht nur Geld geben und Technologien fördern will, sondern weil er in die Bildungshoheit der Länder eingreifen will", sagte Eisenmann.
Eisenmann wies Vorwürfe zurück, dass die Länder mit ihrem Widerstand gegen die Verfassungsänderung den Geldfluss für die Schulen verhindern würden. "Das ist Unsinn", sagte sie. Der Bund hätte nach ihrer Darstellung bereits vor zwei Jahren die angekündigten fünf Milliarden über den Artikel 91C des Grundgesetzes - zur Finanzierung der technischen Infrastruktur - auszahlen können.
Der Tübinger Verfassungsrechtler Martin Nettesheim hat daran Zweifel. "Man kann nicht einfach Geld zwischen den Ebenen - Bund und Länder - hin- und herschieben", sagte er. In Artikel 91C gehe es um informationstechnische Systeme, etwa in Polizei- oder Steuerverwaltung, aber nicht um Ausstattung von Schulen mit Computern. "Im Fall einer - allerdings unwahrscheinlichen - Klage gegen eine solche Grundgesetzauslegung würde das Bundesverfassungsgericht diese wohl kippen", sagte der Professor.