Plenarsitzung im Landtag von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa
Von Nico Pointner
Stuttgart. Es sollte das gleiche Prozedere werden wie jedes Jahr. Die Fraktionen des baden-württembergischen Landtags gehen stets zum Jahresauftakt in Klausur, um sich zu sammeln, um politische Standpunkte festzuzimmern, manchmal auch, um den politischen Gegner eine mitzugeben. Dafür treffen sich die Abgeordneten an schönen Orten und laden prominente Gäste ein. Dieses Jahr ist dabei sowieso ein besonderes, nicht mal neun Wochen sind es noch bis zur Landtagswahl.
Aber vor allem die Corona-Pandemie katapultiert die Abgeordneten in den Ausnahmezustand. Sie kommen – wenn überhaupt – nur unter strengen Auflagen zusammen, die wichtigen Gäste werden auf Videoleinwand zugeschaltet. Auch inhaltlich überlagert die Pandemie derzeit alles andere. So ging es bei den Klausuren zwar auch um die Affäre rund um den Expo-Pavillon in Dubai oder das geplante Lobbyregister für den Landtag. Aber bei den Pressekonferenzen von SPD, FDP und CDU am Donnerstag spielt fast nur das eine Thema eine Rolle.
SPD und FDP nutzen die Bühne erneut für Kritik am Krisenmanagement der grün-schwarzen Koalition.
Man habe sich nicht mit ambitionierten Programmen für die nächsten 15 Jahre beschäftigt, sondern sehr konkret mit der Bewältigung der Herausforderungen durch Corona, bilanziert SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch. Er wirft der grün-schwarzen Regierung exekutives Versagen vor, etwa bei der Auszahlung der Hilfen. Von den vom Parlament seit März 2020 bewilligten Hilfen sei bisher nicht mal die Hälfte abgeflossen. Vom Impfchaos wolle er zwar nicht sprechen, aber man dürfe die Menschen nicht durch das Verfahren noch weiter verunsichern.
Die FDP wiederum setzt vor allem auf FFP2-Masken als Waffe gegen die Pandemie. Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke spricht sich am Donnerstag für eine FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr aus. Er wünscht sich auch mehr FFP2-Masken für den Handel, um Läden ab Februar wieder zu öffnen. Von einer Pflicht für den Handel will er aber nicht sprechen. Ab Montag (18. Januar) gilt in Bayern die FFP2-Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und beim Einkaufen.
Die CDU-Fraktion rückt die Lage der heimischen Wirtschaft und die Sorge um Arbeitsplätze in den Mittelpunkt. Handwerk und Industrie dürften nicht in den Lockdown geschickt werden, sagt Fraktionschef Wolfgang Reinhart und beruft sich auf eine Schalte mit dem Präsidenten des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. Maschinen und Fahrzeuge ließen sich zudem nicht im Homeoffice fertigen. In einem Positionspapier fordert die CDU-Fraktion eine Stärkung des Mittelstands, etwa durch den Abbau von Bürokratie.
Während die Fraktionschefs nacheinander vor die Presse treten, platzt die Nachricht in den Raum, dass die Grundschulen und Kitas im Land nun doch bis Ende des Monats geschlossen bleiben sollen. Baden-Württemberg verzichtet damit auf den angedachten Sonderweg, für den Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) plädiert hatte (siehe oben).
"Es hat sich offensichtlich die Vernunft durchgesetzt in dieser Landesregierung", kommentiert Stoch die Entscheidung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Aber auch die CDU-Landtagsfraktion akzeptiert den Beschluss, wenn auch zähneknirschend. "Wenn das so entschieden wurde, tragen wir das mit", sagt Reinhart. Er betont aber, dass die Kleinsten eine Perspektive bräuchten und auch das beste Homeschooling nicht das gemeinsame Lernen im Klassenzimmer ersetzen könne.