Nahe der Stadt Heilbronn finden sich viele Rebflächen. Die Winzer wollen künftig den gesellschaftlichen Ansprüchen an Umwelt- und Artenschutz noch besser gerecht werden. Foto: Guzy
Heilbronn. (rnz) Wenn in anderen Jahren die Witterung, Wetterereignisse und die Traubenqualität die häufigsten Gesprächsthemen der Weingärtner waren, wird 2019 als das Jahr des Volksbegehrens "Pro Biene" in Erinnerung bleiben. Am Ende eines mehrmonatigen Gesprächsprozesses stehen gemeinsam mit vielen Umweltverbänden vereinbarte Ziele und die Möglichkeit einer Zukunftsoffensive für die Weinbaubetriebe in Württemberg: "Mit dem vollständigen Verzicht auf Pflanzenschutzmittel wäre eine Produktion von Nahrungs- und Genussmitteln unmöglich geworden," zeigt sich Verbandspräsident Hermann Hohl bei der Jahrespressekonferenz optimistisch, dass die vereinbarten Reduktionsziele langfristig umsetzbar sind.
Der integrierte Pflanzenschutz finde in der Praxis bereits flächendeckende Anwendung. Seit vielen Jahren würden biologische, biotechnische, pflanzenzüchterische sowie anbau- und kulturtechnische Maßnahmen im Weinbau berücksichtigt, um die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß zu beschränken. Die Weinwirtschaft in Württemberg werde auch in Zukunft bestrebt sein, alternative Methoden verstärkt einzusetzen, erläuterte Hohl. Für die Praxis von hoher Relevanz seien dabei die Förderung modernster Pflanzenschutztechnik, die Erweiterung eines Warn- und Prognosesystems für Pilzkrankheiten, der Ausbau der Beratung und Forschungstätigkeit und ein ausgedehntes Weiterbildungsangebot.
Durch die Ausweitung von Blühflächen auf Brachflächen und durch Blüheinsaaten in Weinbergen wollen die Weingärtner einen zusätzlichen Beitrag zur Artenvielfalt leisten. "Württembergs Weingärtner sind sich der Verantwortung bewusst, dass sie ihre Betriebe nur in einer intakten Umwelt an ihre Nachfolger übergeben können", hieß es vonseiten des Verbandes.
In den kommenden Jahren wird die Anzahl der Bio Betriebe voraussichtlich steigen. Diese Entwicklung ist aus Sicht des Verbandes unterstützenswert, wenngleich jeder Weingärtner für sich entscheiden müsse, ob er diesen Schritt gehen möchte.
Der Weinbauverband Württemberg zeigte sich offen für den Dialog mit Verbrauchern und Umweltverbänden und will die regelmäßigen Dialog-Foren ausweiten. Mit Unterstützung des Deutschen Weininstitutes sollen Verbraucher zukünftig mit Infoständen auf Weinfesten oder anderen Veranstaltungen über die Weinbaupraxis informiert werden. Außerdem will der Verband das aktuelle Weinbezeichnungs-System für Verbraucher durchsichtiger machen, da es häufig als unverständlich und zu kompliziert empfunden werde. Daher sollen nun das Bezeichnungsrecht vereinfacht und die deutschen Regelungen an das geänderte europäische Weinbezeichnungsrecht angepasst werden. "Das neue Bezeichnungsrecht bietet eine Chance, den Anforderungen des nationalen und internationalen Weinmarkts gerecht zu werden und das Exportgeschäft weiter auszubauen. Die Ausgestaltung der Qualitätspyramide liegt in den Händen der regionalen Erzeuger," berichtet Verbandspräsident Hohl.
Württembergs Weinwirtschaft müsse sich auf veränderte gesellschaftliche Ansprüche einstellen. Absatzseitig müssen Verbrauchertrends erkannt und produktionsseitig neue wissenschaftliche und fachliche Erkenntnisse umgesetzt werden. "Vielfach wird ein Umdenken notwendig sein, um der jungen Generation eine Zukunftsperspektive bieten zu können. Das Einkaufsverhalten und die Wertschätzung über den Einkaufspreis hinaus werden in der Entwicklung der Weinwirtschaft eine entscheidende Rolle spielen," sieht Hohl die Verbraucher ebenfalls in der Pflicht.