Die bisherigen Pläne für die Nutzung des ehemaligen Kaufhauses Barthel in der Innenstadt haben sich zerschlagen. Aber ein neuer Investor ist bereits in Sicht. Foto: Armin Guzy
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Lange hat man gejammert, Heilbronn habe zu wenig Hotelbetten. Jetzt, nach dem "Buga-Schub", könnte es passieren, dass man bald jammert, Heilbronn habe zu viele Hotelbetten. Die Stadt wird wahrgenommen, ist interessant geworden – und das auch über die Grenzen Deutschlands hinaus. Ein Plus von 25 Prozent im Tourismus hinterlässt eben Spuren. Das sieht man schon daran, dass Hotel-Investoren kommen – und woher sie kommen.
Heilbronn verfügt laut Statistischem Landesamt, Stand September 2019, über 2182 Hotelbetten. Vor einem Jahr waren es noch 1819. Auch wenn die Zahlen ständig etwas schwanken, die Zunahme zeigt sich klar, und die nächste steht vor der Tür: Mit dem Parkhotel an der Harmonie kommt demnächst in 147 Zimmern die doppelte Anzahl Betten hinzu.
Bislang war Heilbronn, vor allem im Vergleich zu Städten wie Mannheim, Karlsruhe oder Freiburg, das Schlusslicht und damit auch in einer anderen Marktposition, auch beim "Verkauf" von Kongressen. Im gehobenen Bereich, also Vier-Sterne und Vier-Sterne-plus, rangieren das Inselhotel, das Hotel Mercure am Bollwerksturm und demnächst das Parkhotel. Am meisten gefragt sind zurzeit Zwei- und Dreisternehotels, beobachtet Steffen Schoch, Leiter der Heilbronn Marketing GmbH (HMG).
Gerade wurde bekannt, dass die Helvetic Investment GmbH aus Wiesbaden, deren Gründer, der verstorbene Michael Schuppli, einst als Sanierer und Aufkäufer von WMF und dem Nähmaschinenhersteller Pfaff Schlagzeilen machte, das Barthel-Areal gekauft hat. Bisherige Planungen dafür haben sich damit zerschlagen. Sie sahen für die markante Ecke in der Innenstadt ein Gebäude mit Wohnraum, Büros und Gewerbeflächen vor. Nun soll hier ein Dreisternehotel "Holiday Inn Express" entstehen, kombiniert mit Gastronomie, Büroflächen, ebenfalls Wohnungen und Parkflächen im Tiefgeschoss.
Ein Problem des Standortes hat sich aber nicht geändert: Der Denkmalschutz muss hier aktiv werden, es handelt sich um das Areal des Klara-Klosters, das bis auf das 13. Jahrhundert zurückgeht, und von dem noch der Teil einer Mauer sichtbar steht. Das kann den Zeitplan durcheinanderbringen. Bislang ist vorgesehen, das Barthel-Kaufhaus schon Mitte 2020 abzureißen.
Das sogenannte Mixed-Used-Konzept für solche Hotels, mit Synergieeffekten, von denen alle profitieren sollen, verfolgen ebenfalls andere Investoren – auch für Heilbronn. Die britische Hotelkette Premier Inn, führender Hotelbetreiber auf der Insel, plant nach eigenen Angaben eine "Expansion der Extraklasse in Deutschland", hat sich dafür schon mehr als 40 Standorte gesichert, umgerechnet bereits 1,1 Milliarden Euro in das Wachstum in Deutschland investiert und hat jährlich weitere 225 bis 340 Millionen Euro Kapital zur Verfügung. Nachdem die A-Standorte und auch B-Standorte (dazu zählen unter anderem Stuttgart und Heidelberg) abgegrast sind, rücken die C-Standorte in den Fokus. Der "Acquisitions Director Germany" von Premier Inn, Chris-Norman Sauer, ist ständig auf der Suche nach neuen Grundstücken, zu den C-Citys zählt für die Briten auch Heilbronn. Sauer verweist darauf, dass es viele Mitbewerber gibt und man schnell sein muss, vor allem dann, wenn man das ausgemachte Potenzial von 300 Premier Inn-Hotels auf dem deutschen Markt auch nutzen will.
Dass der Run längst in vollem Gange ist, merkt auch Schoch. Gerade liegt der HMG eine weitere Anfrage einer Wiener Hotelkette vor. Er sieht die Buga durchaus als "Verursacherin" dafür, freut sich einerseits über die gestiegene Nachfrage, sagt aber auch, man müsse maßvoll mit den Anfragen umgehen und überlegen, was Heilbronn verträgt, was der Stadt guttut, und auch die konjunkturelle Entwicklung im Auge behalten.
Schoch plädiert für "sachte Entwicklung" statt "Kanibalisierung" auf dem Markt und sieht vor allem im Zwei-und-Drei-Sterne-Bereich, also bei Preisen von etwa 80 Euro pro Übernachtung, noch Bedarf. Die Heilbronner Hotellandschaft habe sich in der letzten Zeit positiv entwickelt, so seien beispielsweise auch im Blick auf die Buga viele Renovierungen erfolgt.
Das alles nutzte auch dem Standort Heilbronn: "Übernachtungen bringen auch Umsätze in die City" sagt er, und dann fügt er hinzu, was ihm schon lange am Herzen liegt: Heilbronn brauche dringend ein Tourismuskonzept. Es gebe Konzeptionen für so ziemlich alles, vom Markenauftritt über Mobilität, Digitalisierung bis zur Kultur, nur nicht für Infrastruktur, Ziele und Chancen des Tourismus’. Und natürlich brauche man auch Kongresse in Heilbronn: Wegen mangelnder Betten sollten beispielsweise Audi oder Bosch nicht anderswo hingehen müssen.