Beim Moscheebau rührt sich weiterhin nichts

07.02.2019 UPDATE: 08.02.2019 06:00 Uhr 3 Minuten, 5 Sekunden

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Ditib Heilbronn will eine Moschee in Heilbronn bauen. Architektonisch wäre sie ein Schmuckstück. Das äußere Erscheinungsbild ist das eine, das Innenleben das andere, und dazu gibt es viele Fragezeichen. Zu den Bauplänen sagt Christian Britzke, Pressesprecher der Stadt: "Da hat sich noch nichts gerührt."

Für Erdinc Altuntas, Vorstand von Ditib Heilbronn und des Regionalverbandes Württemberg, soll der Bau dieser Moschee sein "Lebenswerk" sein. In den vergangenen Jahren hat er sich mehrfach von den Einflussnahmen des türkischen Staates und der Politik Erdogans distanziert. Diese Distanzierung - für die Zustimmung zum Bau einer Moschee auch in Heilbronn politisch notwendig - ist nun sehr fragwürdig geworden.

Anfang Januar wurde Altuntas in den siebenköpfigen Vorstand des Dachverbandes von Ditib Deutschland gewählt, der der Kontrolle des türkischen Staates untersteht - als sogenannter "stellvertretender Buchhalter", was nichts anderes heißt, als dass er für deren Agieren steht und zudem an entscheidender Stelle mit über die Finanzen von Ditib verfügt.

Hintergrund

Alexander Throm, MdB und Rechtsanwalt, sagt zu Ditib: "Nach unserem Grundgesetz besteht ein Neutralitätsgebot des Staates, das heißt: Er steht allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften neutral und tolerant gegenüber. Was für den deutschen Staat

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Alexander Throm, MdB und Rechtsanwalt, sagt zu Ditib: "Nach unserem Grundgesetz besteht ein Neutralitätsgebot des Staates, das heißt: Er steht allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften neutral und tolerant gegenüber. Was für den deutschen Staat gegenüber den Religionsgemeinschaften in Deutschland gilt, muss erst recht auch für ausländische Staaten gelten. Dies ist bei Ditib mit der engen Verbindung zum türkischen Staat nicht gegeben. Daher sehe ich eine Zusammenarbeit äußerst kritisch, solange diese Unabhängigkeit bei Ditib nicht gegeben ist. (bfk)

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Bei der allerersten Pressekonferenz zur Vorstellung des Bauvorhabens sagte Altuntas, die Moschee werde aus Spenden finanziert und nicht vom türkischen Staat. Der Heilbronner MdB und Stadtrat Alexander Throm (CDU) sagt auf RNZ-Nachfrage dazu: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Finanzierung eines Moscheebaus wirksam kontrolliert werden könnte. Dies war in der Vergangenheit nicht möglich und wird auch in Zukunft kaum möglich sein." Ditib Heilbronn soll bereits jetzt mit den Kosten für den Architekturwettbewerb eine Million Euro investiert haben.

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Drei Fraktionen des Heilbronner Gemeinderates - CDU, FDP und Freie Wähler - haben sich in ablehnenden Haltung zum Moscheebau positioniert, hatten teilweise auch Altuntas eingeladen und befragt. Ein Fraktionsvorsitzender berichtet darüber, Altuntas habe immer wieder den Abstand zu Handlungen und Äußerungen des Dachverbandes der Ditib betont, man habe ihm das aber nicht abgenommen.

Die Neuwahlen beim Dachverband Anfang Januar sollten für einen Neuanfang stehen, dieses Versprechen wurde nicht erfüllt. Seit 2016 verlangen Politiker in Bund und Ländern die Loslösung von der türkischen Regierung und der Religionsbehörde Diyanet - sie steht über Ditib und untersteht Präsident Erdogan. In einem Tagesschau-Bericht zu den Neuwahlen sagte ein Vertreter des Bundesinnenministeriums, man erkenne in der Wahl dieser Personen keinen "Neuanfang", sondern "im Gegenteil: Mit dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden leiten zwei aus der Türkei entsandte Beamte der staatlichen türkischen Religionsbehörde den Ditib-Vorstand. Damit wird Ditib nach wie vor eng vom türkischen Staat gesteuert." Drei der sieben Vorstandsmitglieder seien Vertreter beziehungsweise Beamte der Religionsbehörde in Ankara.

Der Religionsexperte und ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck sagte dazu: "Die Ditib versucht, ihre Fassade neu zu streichen, hat aber noch nicht mal Farbe mitgebracht." Für die Grünen-Fraktion des Gemeinderates sagte Susanne Bay schon im letzten Jahr, dass "auf die Arbeit der Ditib-Vereine kritisch geschaut werden und es interessieren müsse, was in und um - alle - Moscheen und andere religiösen und weltanschaulichen Einrichtungen passiert.

"Agitation gegen Deutschland und unsere Wertegemeinschaft" dürfe es nicht geben, es sei aber besser "wenn religiöses Leben mitten in der Gesellschaft, also auch in der Stadt, stattfindet - offen, sichtbar und transparent."

Die vielfältig geäußerte Kritik am "Neuanfang" bei Ditib wird auch in Heilbronn nicht ignoriert, auch nicht beim Bau der Moschee, der, so die letzte Äußerung von Altuntas, nach der Bundesgartenschau in Angriff genommen werden solle. Altuntas spricht nur mit ihm genehmen Medienvertretern, und auf der Homepage der Heilbronner Ditib-Gemeinde findet man auch nur entsprechende Presseartikel und eine Darstellung eigener Integrationsbemühungen: "Jährlich absolvieren bei uns 1260 Menschen Sprach- und Alphabetisierungskurse, darunter Integrationskurse, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführt werden." Zu lesen ist dort auch: "Unsere Türen stehen nicht nur türkischen, türkischstämmigen oder muslimischen Menschen, sondern allen offen."

Oberbürgermeister Harry Mergel, aber auch die christlichen Kirchen, hatten sich bei Bekanntgabe der Moscheebaupläne für das Vorhaben ausgesprochen.

Das war allerdings, bevor man in der Türkei unliebsame Journalisten einsperrte, die Pressefreiheit und die Unabhängigkeit der Justiz massiv einschränkte, vor der Bespitzelung angeblicher "Gülen-Anhänger", und auch, bevor Kinder in einer Heilbronner Moschee zu Kriegsspielen animiert wurden. Davon hat man hier wenig gehört.

In der "Welt" konnte man im Juni 2018 dazu lesen, dass die Vorfälle in NRW vom dortigen Integrationsministerium aufgenommen und teilweise auch dem Jugendamt gemeldet wurden und dass es ähnliche "Darbietungen" auch 2017 in Calw und Karlsruhe sowie 2018 in Heilbronn, Güglingen und Eppingen gegeben habe.

Die Forderung nach einer flächendeckenden Überwachung von Ditib durch den Verfassungsschutz wird immer dringlicher. Im Januar veranstaltete der Ditib Zentralverband in Köln und Diyanet - unter Ausschluss der Öffentlichkeit (zugelassen nur ein Vertreter einer türkischen regierungsnahen Presseagentur), aber mit einem Vertreter der Muslimbruderschaft - eine Tagung. Ergebnisse war unter anderem eine deutliche Absage an einen "deutschen Islam" und der Aufbau einer Struktur in Ankara gegen die Bemühungen europäischer Staaten, den Einfluss der Türkei in den islamischen Organisationen zu beschränken.