CDU und die Windkraft

Der "Klotz am Bein" will die Grünen beflügeln

Einst galt die CDU als Bremser beim Klimaschutz. Jetzt fordert die Landtagsfraktion mehr Tempo und dringt auf 1000 neue Windkraftanlagen.

12.05.2022 UPDATE: 13.05.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 46 Sekunden
Sind 1000 neue Windräder in dieser Legislatur zu schaffen? Die Grünen zweifeln, die CDU macht Druck. Foto: dpa

Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Die CDU-Fraktion im Landtag will an den Windkraftzielen aus dem grün-schwarzen Koalitionsvertrag festhalten. Ihr umwelt- und energiepolitischer Sprecher Raimund Haser wirft der Regierung aber "Greenwashing" und mangelndes Tempo bei Klimazielen und Energiewende vor.

Das grün geführte Umweltministerium erklärte am Mittwoch, die Stromerzeugung aus regenerativen Energien sei 2021 "deutlich zu langsam" gewachsen. Weil die Bruttostromerzeugung nach dem pandemiebedingten Rückgang 2020 im vergangenen Jahr wieder zugenommen habe, sei der Anteil der erneuerbaren Energien von 41 Prozent (Jahr 2020) wieder auf 37 Prozent gesunken, teilte Umwelt-Staatssekretär Andre Baumann (Grüne) mit. Die Erzeugung aus regenerativen Quellen sei entgegen dem Bundestrend um vier Prozent auf 18,9 Terawattstunden gestiegen. Das sei aber "viel zu langsam".

Vergangene Woche hatte Kretschmann das grün-schwarze Ziel von bis zu 1000 neuen Windrädern in der laufenden Legislaturperiode als "realistischerweise überhaupt nicht zu schaffen" beerdigt. "Wir stehen zu den 1000 Windkraftanlagen aus dem Koalitionsvertrag", erklärte CDU-Mann Haser nun gegenüber unserer Zeitung.

Der CDU, von den Grünen beim Klimaschutz einst als "Klotz am Bein" tituliert, kommt das Bündnis inzwischen zu langsam vom Fleck. So hat die Regierung 2021 zwar eine Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien ins Leben gerufen, doch Haser wirft dem Gremium vor, dass es vor allem "heilige Kühe definiert, ohne die es nicht weitergeht". Die CDU-Fraktion fordere "mehr externen Sachverstand in der Task Force." Baumann erklärte am Mittwoch, die Task Force könne nicht zaubern. "Die Ergebnisse werden erst in ein paar Jahren sichtbar sein."

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Das Klimaschutzgesetz des Landes will bis 2040 im ganzen Land Klimaneutralität schaffen. Es schreibt bis 2030 schon eine Reduktion der Emissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 vor, die Landesverwaltung soll dann bereits klimaneutral sein. "Wir haben einen steigenden anstatt einen fallenden CO2-Ausstoß des Landes", kritisierte Haser das bisherige Tempo. "Also brauchen wir einen Plan für die Energie der Zukunft in diesem Land. Diesen Plan erkenne ich im Moment noch nicht."

Hintergrund von Hasers Alarmrufen ist eine Landtags-Anfrage, die unserer Redaktion vorliegt. Aus der Antwort des Umweltministeriums geht hervor, dass das in Baden-Württemberg 2020 verwendete Erdgas zu knapp 70 Prozent aus Russland stammte, bei der Steinkohle betrug der entsprechende Prozentsatz knapp 66 Prozent. Dabei entstanden aus dem Erdgas-Verbrauch CO2-Emissionen von 2,88 Millionen Tonnen. Eine "rein theoretische Umrechnung" kommt für den Fall, dass kurzfristig ein kompletter Ersatz des Erdgases durch Öl notwendig würde, auf Mehremissionen von 0,93 Millionen Tonnen CO2. Würde Steinkohle verwendet, betrügen die Mehremissionen 1,93 Millionen Tonnen CO2.

"Die Zahlen zeigen die Brisanz: Kohle kann nicht die Antwort auf abgeschaltete Kernenergie und nicht installierte Windkraft sein", drängt Haser zur Eile. Man müsse "gemäß einem Budget-Ansatz bereits heute und in den Jahren bis 2030 CO2 einsparen und gleichzeitig bezahlbare und grundlastfähige Energie ins Land bringen." Um Druck zu schaffen, fordert der christdemokratische Umwelt- und Energie-Experte den Einstieg in Kompensationszahlungen für landeseigene CO2-Emissionen. "Wir müssen unseren Fußabdruck nicht nur sichtbar, sondern spürbar machen."

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