Kostenfrage bremst Polizeireform-Reform
Landespolizeipräsidium errechnet andere Zahlen als Evaluationsgruppe des Innenministeriums

Dämpfer für Innenminister Thomas Strobl (M.): Entscheidung über Reform-Korrekturen braucht noch Zeit. Foto: dpa
Stuttgart. (lsw) Die Entscheidung über mögliche Korrekturen an der Polizeireform in Baden-Württemberg zieht sich hin. Nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" gibt es Diskussionen über die Kosten. Einem internen Papier des Landespolizeipräsidiums zufolge würde das Modell, das 14 statt der derzeit 12 Polizeipräsidien vorsieht, einmalig bis zu 140 Millionen Euro und jährlich rund 19 Millionen Euro kosten. Die vom Innenministerium eingesetzte Projektgruppe zur Evaluation der Polizeireform favorisiert die Aufstockung auf 14 Präsidien. Sie geht aber von niedrigeren Kosten aus, als das Landespolizeipräsidium berechnet hat.
Die Grünen im baden-württembergischen Landtag wollen vor einer Entscheidung auch die genauen Kosten für die anderen Modelle wissen, die die Projektgruppe diskutierte. Fraktionschef Andreas Schwarz sagte, es gebe dabei für ihn zwei Leitfragen: "Wie hoch würden die Kosten für Personal und Liegenschaften sein? Und welche Effizienzgewinne würde es durch die verschiedenen Modelle geben?"
Aber auch CDU-Innenexperte Thomas Blenke sagte, die verschiedenen Modelle würden durchgerechnet. "Wir sind an den echten Kosten interessiert und nicht nur an groben Schätzungen." So müssten Liegenschaftsfragen geklärt werden. "Wir nehmen uns dafür ein bisschen mehr Zeit, weil es komplexer ist als erwartet. Da geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit", sagte Blenke.
Die Opposition sieht die jüngsten Vorgänge deutlich kritischer: SPD-Innenexperte Sascha Binder erinnerte daran, dass die Eckpunkte für die Korrekturen der Reform ursprünglich bis Pfingsten ins Kabinett sollten. Einmal mehr bleibe Innenminister Thomas Strobl (CDU) hinter seinen Ankündigungen zurück. Zudem seien einmalige Kosten von 140 Millionen Euro und dauerhafte zusätzliche Kosten von jährlich 19 Millionen Euro zu viel, nur um "augenscheinlich rein politisch motivierte zusätzliche Präsidien" zu finanzieren. Binder forderte Minister Strobl auf, eine klare Ansage zu machen, welche Entscheidungen die Polizei bis wann erwarten könne.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke warf der CDU vor, sie habe in der grün-schwarzen Landesregierung auch beim Thema Polizeireform wenig zu melden, da die grüne Finanzministerin Edith Sitzmann ein gehöriges Wort mitzureden habe. "Es sollte nicht verwundern, wenn die angeblich nun ermittelte Kostensteigerung für die Schaffung zweier weiterer Polizeipräsidien Grün-Schwarz die Begründung liefert, diese fachlich notwendigen Maßnahmen nicht umzusetzen."
Ein Sprecher des Innenministeriums entgegnete, Strobl habe öffentlich darauf hingewiesen, dass die Entscheidungen über die Umsetzung von Korrekturen bis zu den Sommerferien getroffen sein sollen. "Insofern sind die angesprochenen Fragen zum Zeitplan undramatisch - ebenso wie jene zu den Kosten." Es komme darauf an, zwischen den beteiligten Ministerien eine fundierte Kostenberechnung zu erarbeiten.
Bei der 2014 in Kraft getretenen Polizeireform wurden die vier Landespolizeidirektionen Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen mit 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu 12 regional zuständigen Polizeipräsidien verschmolzen. Damals hatte noch die SPD mit Minister Reinhold Gall das Ressort inne. Grün-Schwarz will nicht grundsätzlich, aber im Detail nachsteuern.



