Die "Allzweckwaffe" der Grünen: Jürgen Filius vertritt seine Partei gleich in drei Untersuchungsausschüssen. F.: dpa
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Ob es um die parlamentarische Aufarbeitung des EnBW-Deals, des "Schwarzen Donnerstags" oder nun der NSU-Umtriebe im Land geht - Jürgen Filius (55) ist die Allzweckwaffe seiner Partei in Untersuchungsausschüssen. Im NSU-Ausschuss, der heute erstmals öffentlich tagt, vertritt er die Grünen als Obmann - und fordert lückenlose Aufklärung.
Die NSU-Enquete-Kommission ist an den Grünen wegen der sogenannten Gutachtenaffäre gescheitert. Nun unternimmt ein Untersuchungsausschuss einen neuen Anlauf. Haben die Grünen nun eine besondere Verantwortung?
Die Vorkommnisse in der Enquete-Kommission kann ich schlecht beurteilen, da ich dem Gremium nicht angehört habe. Klar ist: Jetzt muss die inhaltliche Arbeit in den Vordergrund rücken. Die Mordserie des Terror-Trios, seine vielfältigen Verbindungen ins Land und das Versagen staatlicher Behörden: Das alles ist viel zu sensibel, als dass wir uns in parteitaktischen Spielchen verlieren sollten. Wir Grünen setzen uns weiter für eine lückenlose Aufklärung ein.
Kritiker, auch aus der SPD, zweifeln, dass der Ausschuss überhaupt neue Erkenntnisse zu Tage fördern wird.
Dass der Staat ausländische Mitbürger über Jahre nicht vor einem Mord-Trio schützen konnte, ist ein Skandal. Das zeigt, dass die Verfassungsschutzorgane zusammen mit der Polizei ihren Aufgaben nicht genügend nachgekommen sind. Im NSU-Komplex werfen verschiedene Seiten auch Behörden im Land Versagen vor. Sollten die Vorwürfe widerlegt werden - gut. Wenn nicht, besteht Handlungsbedarf. Das zu prüfen und Transparenz herzustellen, sind wir schon den Opfern und ihren Angehörigen schuldig.
Kann der Ausschuss die Umstände des Heilbronner Mords an der Polizistin Michele Kiesewetter erhellen?
Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der Fall aufgeklärt ist und Frau Kiesewetter ein Zufallsopfer des NSU war. Daran haben viele, auch ich, Zweifel. Allein um dieser Frage nachzugehen, ist der Ausschuss wichtig. Oder nehmen Sie die früheren Verbindungen von baden-württembergischen Polizisten zum Ku-Klux-Klan. Eigentlich unvorstellbar. Auch dem müssen wir nachgehen.
Sie sind die grüne Allzweckwaffe in den Ausschüssen: Vize-Vorsitzender im EnBW-Ausschuss, Vorsitzender im Schlossgarten-Ausschuss, Obmann im NSU-Ausschuss. Wie unterscheiden sich die Rollen?
In der Rolle des Vorsitzenden bin ich eher eine Art Moderator des Geschehens, der auch eigene Bewertungen vornehmen kann. In der Rolle des Obmanns bin ich dagegen eher der Angreifer, der Schwachstellen in der Verteidigung aufdeckt und auch mal härter nachfasst.
Eigentlich gelten Untersuchungsausschüsse als schärfstes Schwert der Opposition. Dieser Landtag beschäftigt sich aber in drei Ausschüssen mit Vorgängen, die in der Regierungszeit von Schwarz-Gelb spielen. Missbraucht Grün-Rot das Instrument, um die Opposition klein zu halten?
Beim EnBW-Deal hatte Herr Mappus das Parlament umgangen, um auf Kosten der Steuerzahler ein Milliardengeschäft durchzuziehen. Der Schlossgarteneinsatz hat als ‚Schwarzer Donnerstag’ Negativgeschichte geschrieben, und es gab Medienberichte, wonach dem ersten Ausschuss Akten vorenthalten worden seien. Bei den rechtsextremistischen NSU-Umtrieben hat der Staat versagt. Alle drei Fälle haben ein solches Gewicht, dass es fahrlässig wäre, sie nicht genauer unter die Lupe zu nehmen. Dass sie in der Zeit der Vorgängerregierung spielen, liegt ja nicht in unserer Verantwortung. Ich gebe aber zu: Das ist eine Besonderheit.