Einnahmen des Landes steigen langsamer
Die Steuerquellen in Baden-Württemberg sprudeln verhaltener als zuletzt erwartet. Das birgt Zündstoff für die Koalition.

Symbolbild: Archiv
Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Jahre, in denen die Landesregierung über immer stärker steigende Einnahmen verfügen konnte, scheinen dem Ende entgegenzugehen. Was bereits vergangene Woche für den Bund bekannt wurde, schlägt sich auch in Baden-Württemberg nieder: Das Steueraufkommen nimmt zwar zu - aber in geringerem Maße als zuletzt erwartet.
Laut einer Schätzung, die Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) veröffentlichen ließ, kann das Land zwar dieses Jahr noch mit 30,35 Milliarden Euro Steuereinnahmen rechnen, das sind 69 Millionen mehr als im Haushalt eingeplant. 2020 sollen die Einkünfte dann bei rund 30,83 Milliarden Euro liegen. Das wäre zwar ein Anstieg, aber um 603 Millionen weniger als zuletzt vorgesehen. 2021 sollen die Einnahmen dann voraussichtlich rund 31,74 Milliarden Euro betragen - 606 Millionen weniger als bislang geschätzt. Grund ist die sich eintrübende Konjunktur. "Der Konjunkturmotor läuft, aber er läuft nicht mehr auf Hochtouren", teilte Sitzmann mit.
Die Prognose könnte die Koalition aus Grünen und CDU unter Stress setzen. Dies zumal, da ab 2020 die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse greift. Dann dürfen Länder keine neuen Schulden machen. Geld aber ist politischer Gestaltungsspielraum, der wird nun geringer.
Bis Ende des Jahres soll der Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 verhandelt sein. Erste Minister sind bereits mit Forderungen an die Öffentlichkeit gegangen, etwa nach mehr Lehrern oder Personal für die Justiz. Derzeit stellen alle Ressorts entsprechende Finanzpläne auf und melden sie der Finanzministerin. Am Ende entscheidet der Landtag über das Regierungsbudget.
Auch interessant
"Die finanziellen Spielräume im Haushalt werden in den kommenden Jahren deutlich kleiner", erklärte Sitzmann, kündigte aber an, die Regierung werde "einen Korridor für neue, innovative und wichtige Projekte in den Planungen zum Doppelhaushalt 2020/21 vorsehen", um politische Schwerpunkte zu setzen. Bis eine Gesamtschau vorliege, werde es "keine finanziellen Vorentscheidungen geben", so die Finanzministerin.
Auch Thekla Walker, finanzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, kündigte "strenge Haushaltsdisziplin" an. CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart sagte, er erwarte einen "politischen Kraftakt" und "eine echte Bewährungsprobe für die Koalition".
Die Opposition ist gespannt, wie die Koalition mit der neuen Lage umgeht. "Die ‚Vogelnest-Politik‘, also jeden zu füttern, der nur weit genug den Mund aufsperrt, ist vorbei", sagte FDP-Finanzexperte Stephen Brauer. "Jetzt ist echte Regierungskunst gefragt, Prioritäten müssen gesetzt und Konzepte erarbeitet werden."
Ähnlich sieht das SPD-Finanzexperte Peter Hofelich: "Wir brauchen Prioritäten, die abgestimmt und finanzierbar sind, keinen an der Wählerklientel orientierten Supermarkt zweier Koalitionäre." Und die Haushaltsplanung müsse transparent sein.