Fraktions-Chef Stoch stellt Castelluccis Kandidatur in Frage (Update)
Der Vorsitzende der SPD im Landtag überlegt, am Samstag zu kandidieren

Stuttgart. (dpa-lsw) SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch erwägt eine Kandidatur für den Parteivorsitz - entschieden hat er sich aber noch nicht. "Es scheint so zu sein, dass viele Menschen darüber nachdenken - und ich bin einer davon", sagte er am Mittwoch in Stuttgart. Seine Entscheidung sei auch davon abhängig, ob Lars Castellucci bei seiner Kandidatur beim Parteitag am Samstag in Sindelfingen bleibe. Stoch schloss zwar auch eine Kampfkandidatur nicht aus. "Ich sage aber auch deutlich: Ein echter Neuanfang kann nicht mit der Fortsetzung von Grabenkämpfen beginnen."
Die wichtigste Frage sei, wie die SPD eine Neuanfang hinbekomme, der es ihr ermögliche, aus der Selbstbeschäftigung herauszukommen und wieder politische Arbeit zu machen. Castellucci müsse sich fragen lassen, ob das Fundament, auf dem er nach der Mitgliederentscheidung stehe, stark genug sei, um auf dem Parteitag für den Vorsitz anzutreten.
Stoch verwies auch darauf, dass sich die Bewerber zum Basisvotum verpflichtet haben, im Falle einer Niederlage auf eine Kandidatur zu verzichten. Wenn Castellucci antrete, obwohl er das Basisvotum verloren habe, gebe es "einen gewissen Begründungszwang".
Parteichefin Leni Breymaier hatte zwar den SPD-Mitgliederentscheid gewonnen. Sie will aber nicht wieder antreten, weil das Ergebnis in der Mitgliederbefragung sehr knapp war. Herausforderer Castellucci, will hingegen kandidieren. Er argumentiert, dass mit dem Rückzug Breymaiers eine neue Lage entstanden sei. Zudem habe er im Basisvotum besser abgeschnitten als von vielen erwartet. "Wäre meine Mitbewerberin nicht aus dem Rennen ausgestiegen, wäre die Situation jetzt eine andere", schrieb er auf Facebook mit Blick auf Breymaier. "Fakt ist: Nun bin ich der einzige verbliebene Kandidat, der sich mit seinem Programm dem Votum unserer Partei gestellt und eine breite Zustimmung gewonnen hat."
Der Vorsitzende der SPD Stuttgart, Dejan Perc, schlug vor, einen Übergangschef zu wählen. Es sei nun die wichtigste Aufgabe eines neuen Vorsitzenden, versöhnend zu wirken. "In dieser Situation halten wir es daher für am besten, jemanden zu finden, der explizit als Kompromiss- und Übergangskandidat angesehen werden kann", sagte Perc.
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Dies solle jemand sein, der sich durch eine lange politische Karriere Verdienste um die Partei erworben habe, Kenntnis über die Strukturen und die handelnden Personen habe und keine eigenen Interessen verfolge. "Ich könnte mir für diese Aufgabe gut jemanden vom Schlage eines Lothar Binding, eines Gernot Erler oder eines Ivo Gönner vorstellen." Gönner war Oberbürgermeister in Ulm. Binding ist Bundestagsabgeordneter. Erler war Staatsminister im Auswärtigen Amt.
Die Jusos unterstützen Castellucci, wie Landeschefin Stephanie Bernickel sagte. "Die Mitglieder der SPD haben sich nicht eindeutig entschieden, daher ist es wichtig, dass der Parteitag am Samstag ein klares Ergebnis hervorbringt." Der frühere Juso-Landeschef Leon Hahn sagte, mit seinem Ergebnis aus der Mitgliederbefragung habe Castellucci mehr Legitimation, als jeder Kandidat aus dem "Hinterzimmer". Ähnlich äußerte sich der Chef der baden-württembergischen SPD-Abgeordneten im Bundestag, Martin Rosemann. Castellucci bringe die Legitimation von fast 10.000 Stimmen aus dem Basisvotum mit. "Er tritt mit dem Versprechen an, Kräfte zu bündeln und zusammenzuführen. Die Chance dazu sollte er bekommen."
An dem Basisvotum hatten sich rund 53 Prozent der rund 36.000 Mitglieder im Südwesten beteiligt. Castellucci kam auf 9137 Stimmen.
Update: 21. November 2018, 17 Uhr