Wissenschaftsministerin Bauer: Zeitverträge unter einem Jahr sind "skandalös"

Wissenschaftsministerin Bauer fordert Hochschulverträge über mindestens ein Jahr - 2217 neue Stellen in der Grundfinanzierung

15.04.2015 UPDATE: 16.04.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 19 Sekunden

Als "Drama" empfindet Bauer die Bafög-Diskussionen. Eine automatisierte Anpassung sei "angemessen". F.: dpa

Von Sören S. Sgries

Heidelberg. Im Landtag wird der Hochschulfinanzierungsvertrag "Perspektive 2020" gerade formalgesetzlich auf den Weg gebracht. Die Opposition nutzte die gestrige Plenarsitzung, um Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (50, Grüne) scharf anzugehen. Als "Sonnenscheinministerin" kritisierte FDP-Mann Friedrich Bullinger die Ministerin, die sich mit dem Hochschulfinanzierungsvertrag schmücke, bei echten Schwierigkeiten aber wegducke. Bauer selbst blickt im RNZ-Interview voraus, spricht über die Erwartungen, die sie jetzt an die Hochschulen hat.

Die Verbesserung der Hochschulfinanzierung hatten Sie mit der Erwartung verknüpft, dass sich auch die Vertragssituation für das Uni-Personal verbessert. Hat sich inzwischen etwas bewegt?

Ja, in der Tat. Die Hochschulen haben innerhalb kürzester Zeit Konzepte erarbeitet, in welchem Umfang sie Stellen verstetigen können, zum Teil auch neue Stellen schaffen. Wir werden im Doppelhaushalt 2015/16 in Baden-Württemberg 2217 zusätzliche Stellen in die Grundfinanzierung überführen.

Bei Unterzeichnung des Hochschulfinanzierungsvertrags haben Sie noch von 3800 Stellen gesprochen.

Das ist jetzt der erste Schritt für die Jahre 2015 und 2016. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis 2020, im nächsten Doppelhaushalt werden weitere Spielräume entstehen. In dem Maße, in dem die Grundfinanzierung weiter anwächst, können in den Folgejahren weitere Stellen geschaffen werden. In den ersten beiden Jahren entstehen besonders große Spielräume, die haben die Hochschulen jetzt schon weitreichend genutzt.

Sind es jetzt durchgängig entfristete Verträge?

Die zusätzlichen Stellen in der Grundfinanzierung sind Dauerstellen, die grundsätzlich auch dauerhaft besetzbar sind. Es kann natürlich trotzdem sein, dass eine Hochschule sich zunächst für eine Befristung entscheidet oder die Stelle der Qualifizierung dient und deshalb befristet wird. Wir haben darüber hinaus aber eine Selbstverpflichtung der Hochschulen vereinbart, die im Laufe dieses Jahres erarbeitet werden soll, um fairere Arbeitsbedingungen herzustellen.

Gibt es Laufzeiten, die Sie für gänzlich inakzeptabel halten?

Ja. Wir versuchen in den Selbstverpflichtungen, Laufzeiten unter einem Jahr grundsätzlich zu vermeiden. Unter zwei Jahren sollen sie begründungspflichtig sein. Derzeit hat noch mehr als die Hälfte der befristeten Verträge Laufzeiten von unter einem Jahr. Das ist schlicht skandalös. Da muss sich spürbar etwas tun. Aber: Es wird im Hochschulbereich vor allem beim wissenschaftlichen Personal immer einen hohen Anteil befristeter Stellen geben, etwa im Rahmen einer Promotion oder eines Drittmittelprojekts. Fairness misst sich hier an der Laufzeit.

Bundeswissenschaftsministerin Johanna Wanka hat neue Gelder für ein Bund-Länder-Programm für den Weg in die Professur angekündigt. Wie ist da der Stand?

Ich fahre diese Woche nach Berlin zu Gesprächen dazu. Ich begrüße das sehr, wir freuen uns über jede weitere Initiative, die den wissenschaftlichen Nachwuchs besser fördert. Hier ist die Achillesferse der deutschen Hochschulen. Wir werden aber in Baden-Württemberg nicht auf dieses Bundesprogramm warten, sondern wir starten sofort.

Sie gehen nicht mit der klaren Erwartung nach Berlin: Diese Summe sollte es schon sein?

Ach, doch. Ich will mich nicht auf eine Zahl festlegen, aber der SPD-Abgeordnete Hubertus Heil hat die Summe von einer Milliarde Euro über die Laufzeit von 10 Jahren einmal in den Raum gestellt. Das ist eine Größenordnung, die ist durchaus vernünftig. Wenn es mehr Geld gibt, freue ich mich auch.

Auch eine Verstetigung der Bafög-Erhöhungen wird gefordert. Frau Wanka sagt Nein. Wie sehen Sie das?

Es ist ein Drama, welche Verzögerung und jahrelange Debatte vor jeder Anpassung der Bafög-Zahlung stattfindet. Es würde schon reichen, wenn das Bafög wenigstens inflationsbereinigt automatisch angepasst würde. Ein solcher Schritt würde der Fairness den Betroffenen gegenüber entsprechen. Frau Wanka sollte die Möglichkeit nutzen, eine solche Maßnahme zu beschließen. Früher, als Bafög noch gemeinsam zwischen Bund und Ländern finanziert wurde, konnte man sich den Schwarzen Peter hin und her schieben. Jetzt ist es in reiner Bundeszuständigkeit. Ein Mechanismus, der den Inflationsausgleich automatisch vornimmt, wäre wirklich angemessen.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.