Kritik am Integrationsministerium: Zu teuer, zu machtlos
Der baden-württembergische Rechnungshof hält das Integrationsministerium von Ministerin Bilkay Öney (SPD) für eineFehlkonstruktion

"Ich glaube, dass das Thema an Bedeutung gewinnt", verteidigt Öney ihr Ressort. Foto: dpa
Rechnungshof hält Integrationsministerium für Fehlkonstruktion
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Der Landesrechnungshof sieht beim vom Grün-Rot 2011 neu geschaffenen Integrationsministerium das Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht gewahrt und stellt deshalb dessen Existenz in Frage. Das ist das Ergebnis einer Organisationsuntersuchung, die offiziell erst am 22. Juli veröffentlicht werden soll. Die Prüfer bestätigten gestern aber bereits die Kernaussagen - und lösten damit eine lebhafte Debatte um die Zukunft des mit Abstand kleinsten Landesministeriums aus.
Der Rechnungshof selbst gibt der Politik drei Optionen an die Hand: Ein eigenständiges Ministerium halten die Prüfer nur für gerechtfertigt, wenn es weitere Aufgaben übertragen bekommt und damit auch mehr Mittel und Personal. Als Alternativen benennt die Behörde eine Rückabwicklung oder die Übertragung der Aufgaben an eine Stabstelle innerhalb eines bestehenden Ressorts.
Das Integrationsministerium verfügt über rund 60 Stellen und frei verfügbare Haushaltsmitteln in Höhe von fünf Millionen Euro pro Jahr. Die im Doppelhaushalt des Landes für 2015/16 mit rund einer Milliarde Euro veranschlagten Mittel für Flüchtlinge werden dagegen zweckgebunden an die Kommunen weitergeleitet.
Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) könnte sich wohl mit einer Aufwertung ihres Hauses anfreunden. Nach außen argumentiert sie vor allem gegen eine Auflösung an: "Ich glaube, dass das Thema an Bedeutung gewinnt und ein Einstampfen die politisch unklügste Variante ist, die man in Krisenzeiten treffen kann." Ob man durch die Abschaffung des Ressorts mit Blick auf unkündbare Beamte und auf den steigenden Migrationsdruck überhaupt Geld einsparen könne, bezweifle sie, so Öney.
Als Adressat für die Kritik der Rechnungsprüfer an der Größe ihres Ressorts sieht die Ministerin offenbar andere. "Wenn ich es richtig interpretiere, wirft man uns als Kleinwüchsigem vor, von Zwergen gezeugt worden zu sein", sagte sie. Man kann den Satz als Kritik am mangelnden Mut der damaligen grün-roten Verhandlungspartner lesen, die das Ministerium aus der Taufe gehoben, es aber mit wenig Mitteln, Personal und Kompetenzen ausgestattet haben.
Man kann darin aber auch eine Gemeinheit gegenüber SPD-Landeschef Nils Schmid vermuten, den die Opposition gerne als "kleinen Nils" verunglimpft. Schmid hatte, im Bestreben bei der Zahl der Ministerien "Augenhöhe" mit den Grünen zu wahren, auf den letzten Metern der Verhandlungen das neue Ressort für die SPD durchgedrückt - mitsamt den nun vom Rechnungshof kritisierten Strukturen.
Regierungsintern, heißt es, habe die Ministerin dafür plädiert, das beim Innenministerium angesiedelte Ausländerrecht zu übernehmen, allerdings erfolglos. 2011 hatte Öney von dieser Idee noch Abstand genommen. Damals war die Sorge vorherrschend, das neue Ressort könnte als "Abschiebe-Ministerium"" gelten und eine solche Zuschreibung vom zentralen Integrations-Auftrag ablenken.
CDU und FDP sehen sich durch die Nachrichten über den Prüfbericht in ihrer Kritik bestätigt. "Das Integrationsministerium ist eine Fehlkonstruktion", sagte der CDU-Integrationsexperte Bernhard Lasotta. Auch sein FDP-Kollege Andreas Glück argumentierte, dass Integrationspolitik eine Querschnittsaufgabe sei, die besser in einem größeren Haus anzusiedeln sei. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke stichelte via Twitter, Frau Öney meine, ihr Haus sei "von Zwergen", also von Grünen und SPD gezeugt worden. "Wer wollte der guten Frau widersprechen?"
Dagegen lobte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die damalige Entscheidung, ein eigenständiges Integrationsministerium zu schaffen: Dadurch das politische Gewicht des Themas zu unterstreichen, sei "weitsichtig" gewesen.