Kraftpaket oder Strohfeuer?

Zwei widerstreitende Meinungen zum Konjunkturpaket

Thorsten Frei (CDU) und Christian Dürr (FDP) streiten über Sinn und Wirkung des Milliarden-Paketes.

04.06.2020 UPDATE: 05.06.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 52 Sekunden
Dunkle Wolken über Frankfurt
Die Konjunktur in Deutschland wird nach Einschätzung der Volkswirte der privaten Banken infolge der Coronakrise in diesem Jahr massiv einbrechen. Foto: Boris Roessler/dpa
​Thorsten Frei. Foto: dpa
Thorsten Frei (43)

Stellvertretender Vorsitzender
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Mit den nun beschlossenen 57 Maßnahmen im Volumen von 130 Milliarden Euro treten wir in Phase Zwei der Krisenbewältigung ein. Nachdem es zunächst um den gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und wirtschaftliche Sofortmaßnahmen ging, werden wir Impulse setzen, damit unsere Wirtschaft rasch wieder auf das Vorkrisenniveau kommt und gestärkt in die Zukunft geht.

Oberste Priorität hat der Erhalt von Arbeitsplätzen. Die nach vorn gerichteten Maßnahmen verstärken die bereits auf den Weg gebrachten Soforthilfen spürbar. Dabei setzen wir auf einen klugen Mix von weiteren Hilfen zur Sicherung der Liquidität, Maßnahmen für kurzfristige Konsumimpulse sowie mittelfristige Investitionen in Zukunftsfeldern. Das ist ein wahres "Kraftpaket" für Deutschland.

Wir sehen die Chancen, die mit dem durch die Pandemie angestoßenen strukturellen und gesellschaftlichen Wandel einhergehen. Deshalb war uns besonders wichtig, dass ein Großteil der Mittel für Investitionen in die Zukunft genutzt werden. Mehr als 50 Milliarden Euro werden wir in Quantencomputertechnik, Wasserstofftechnologie, Künstliche Intelligenz, Elektromobilität, in die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung und unserer Schulen sowie den Ausbau der Breitbandnetze investieren. Zusammen mit den versprochenen Hilfen für die Kommunen stärken wir Deutschlands Standortattraktivität und sichern Wettbewerbsfähigkeit und damit die Arbeitsplätze und den Wohlstand von Morgen.

Unser Ziel als Union ist, dass wir im internationalen Vergleich gestärkt aus der Krise herauskommen. Mit dem nun beschlossenen "Aufbruchsprogramm" haben wir erfolgreich den Grundstein gelegt.

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​Christian Dürr. Foto: dpa

Christian Dürr (43)

Stellvertretender Vorsitzender
der FDP-Bundestagsfraktion

Es ist die Aufgabe der Politik, das Land sicher aus der Krise zu führen. Das Konjunkturpaket der Großen Koalition ist leider nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Zwar sind die Maßnahmen für Unternehmen grundsätzlich sinnvoll, aber bei Weitem nicht ausreichend. Eine Krise nach der Krise wird damit kaum zu verhindern sein.

Eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer ist zwar besser als Abwrackprämien oder Einkaufsgutscheine, denn es wäre nicht richtig, den Menschen vorzuschreiben, für was sie ihr Geld ausgeben sollen. Noch besser wären jedoch strukturelle Entlastungen gewesen, die über den 31. Dezember hinauswirken. Denn machen wir uns nichts vor: Die Krise wird 2021 nicht vorüber sein.

Dass Union und SPD auf echte Entlastungen verzichten, ist ein fatales Signal für all die Menschen, die am härtesten betroffen sind, nämlich die Mitte der Gesellschaft. Das ist die Verkäuferin im Einzelhandel, die in Kurzarbeit ist, das ist der Taxifahrer, dem die Aufträge weggebrochen sind. Genau diese Menschen hätten von einer Senkung der Einkommensteuer oder der Soli-Abschaffung profitiert, statt von befristeten Maßnahmen oder Einmalzahlungen. In dieser Hinsicht ist das Konjunkturpaket eine herbe Enttäuschung.

Aber es zeigt auch, wie viel Union und SPD in den letzten Jahren verpasst haben: Die Investitionen in Digitalisierung, Innovation und Forschung sind klug. Warum konnte sich die Große Koalition erst dazu durchringen, als das Land in eine schwere Wirtschaftskrise geraten ist? Vieles wurde immer wieder angekündigt, aber nie umgesetzt. Hoffen wir, dass es dieses Mal anders ist. Klar ist jedoch: Der große Wurf für unser Land ist ausgeblieben.