Koalitionsstreit um den Klimaschutz
SPD und Grüne wollen - Ablehnung von CSU - Die CDU grübelt noch

Kohle und Wind: Zweierlei Kraftwerke in Hohenhameln in Niedersachsen. Foto: dpa
Von Teresa Dapp, Jörg Blank und Ruppert Mayr
Berlin. Unfair und teuer - oder gerecht und notwendig? Der Streit um eine CO2-Steuer für mehr Klimaschutz in Deutschland nimmt Fahrt auf. Die SPD warb am Montag erneut dafür, den Ausstoß von Treibhausgasen etwa über Sprit und Heizöl zwar teurer zu machen, aber zugleich für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Die CDU lässt vorerst offen, ob sie eine solche Steuer in ihr Klimakonzept aufnimmt. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte eine zusätzliche CO2-Steuer auf Kraftstoff bereits ausgeschlossen.
Deutschland verpasst derzeit beim Klimaschutz sowohl die eigenen Ziele als auch die EU-Verpflichtungen. Zugleich machen junge Menschen der "Fridays for Future"-Bewegung jeden Freitag Druck auf die Politik, in der Europawahl spielt Klimaschutz für viele Wähler eine Rolle. Der Dürresommer 2018 hat den Klimawandel ins Bewusstsein gerückt, schmelzende Gletscher und Extremwetter machen die Folgen der Erderhitzung sichtbar.
Ökonomen werben schon lange dafür, dem Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) einen Preis zu geben, um über die Gesetze der Marktwirtschaft klimafreundliche Technologien zu fördern. Eine "Lenkungsabgabe" gibt es etwa in der Schweiz, dort wird ein Teil der Einnahmen den Bürgern zurückgezahlt. Bisher gibt es nur für die Energiewirtschaft und Teile der Industrie einen Handel mit Emissionsscheinen in der EU.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) wirbt für eine CO2-Steuer, betont aber auch, dass die Einnahmen zurück an die Bürger gehen müssen: "Beim CO2-Preis darf es nicht darum gehen, Einnahmen für den Staatshaushalt zu generieren", sagte sie. Zusätzlich brauche es außerdem ein Klimaschutzgesetz mit verbindlichen CO2-Einsparzielen für Bereiche wie Verkehr und Heizungen - dagegen gibt es in der Union ebenfalls großen Widerstand.
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Juso-Chef Kevin Kühnert nannte das Klimaschutzgesetz gar einen Prüfstein für den Fortbestand der Koalition über die Halbzeitbilanz im Herbst hinaus: "Ich hielte es für schwer vermittelbar, am Ende des Jahres weiterzumachen, wenn die Union ein gutes Klimaschutzgesetz verhindern sollte", sagte der Chef des SPD-Nachwuchses der dpa. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sieht das ähnlich. Er hoffe, dass die CDU ihre Schwesterpartei CSU zur "konstruktiven Mitarbeit" bringe, sagte er dem NDR - "ansonsten sehe ich schwarz". Bisher legt sich die CDU beim CO2-Preis aber nicht fest.
CO2-Steuern um der reinen Steuererhöhung willen werde es mit den Christdemokraten jedenfalls nicht geben, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak am Montag in Berlin. Besser seien "markttaugliche" Mechanismen, etwa eine Erweiterung des Emissionshandels. Das Konzept, das die CDU in einigen Wochen vorlegen will, solle "so ausgestaltet werden, dass es Sinn macht, und am Ende nicht nur die Verbraucher die Zeche zahlen". Experten im Umweltministerium sind der Ansicht, dass der EU-Emissionshandel sich nicht einfach auf andere Sektoren wie den Verkehr ausweiten lässt.
Anton Hofreiter, Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion, meint:"Dass ausgerechnet die Marktschreier von der CSU ein marktwirtschaftliches Instrument ablehnen, ist verwunderlich. Immer nur Nein sagen, aber keine wirksame Alternativen nennen - für diese Verantwortungsverweigerung fehlt uns bei der Bekämpfung der Klimakrise die Zeit." Seine Partei fordere eine CO2-Bepreisung, damit umweltschädliches Wirtschaften einen Preis bekommt und stärker in klimafreundliche Technologien investiert wird. "Bisher können die meisten Wirtschaftsbereiche ihren CO2-Müll umsonst in die Atmosphäre kippen, weil der Markt hier versagt. Eine CO2-Bepreisung repariert diesen Markt und sorgt für eine ökologische Lenkungswirkung", so Hofreiter, der Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit zusammen will.
"Die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung wollen wir daher an die Menschen zurückgeben, zum Beispiel über ein Energiegeld". Der 49-Jährige fordert so eine bessere Förderung der Erneuerbaren Energien und ein "definiertes Ende des fossilen Verbrennungsmotors".