Flüchtlinge, Pflege, Schulen - Das sind die wichtigsten Vorhaben
Die Große Koalition steht gleich vor einer ganzen Reihe schwieriger Aufgaben

Die neun Unterschriften zeugen davon: Der Koalitionsvertrag ist nun unter Dach und Fach. Foto: dpa
Von Tobias Schmidt, RNZ Berlin
Berlin. Der Koalitionsvertrag ist unterschrieben - doch was sind die wichtigsten Vorhaben? Ein Überblick:
Zuwanderung und Flüchtlinge: Der neue Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte am Wochenende einen "Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen" angekündigt, um die Zahl der Abschiebungen "deutlich" zu erhöhen. Im Koalitionsvertrag wurde die Schaffung von "Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen" vereinbart. Insgesamt soll die "Spanne" von 180.000 bis 220.000 Zuwanderern pro Jahr nicht überschritten werden. Beim Familiennachzug bei subsidiär Geschützten muss bis Juli ein Gesetz verabschiedet werden, das ein Kontingent von 1000 Familienangehörigen pro Monat festlegt. Grundsätzlich bleibt der Familiennachzug für Flüchtlinge mit begrenztem Schutz ausgesetzt.
Europa: Bereits in der Präambel des Koalitionsvertrages wird ein "neuer Aufbruch für Europa" angekündigt. Und im ersten Kapitel steht: "Wir sind zu höheren Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit." Eine Formulierung, die Ex-SPD-Chef Martin Schulz hineinverhandelt hatte. Ein neuer Haushalt für die Eurozone - damit sind die Koalitionspartner dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron weit entgegengekommen. Die Verhandlungen über die Reform der Eurozone und den Haushalt stehen noch an.
Finanzen und Steuern: Die große Steuerreform fällt aus. Dafür läuft für 90 Prozent der bisherigen Beitragszahler ab 2021 der Solidaritätszuschlag aus. 10 Milliarden Euro weniger müssen die Bürger dann zahlen, entlastet werden vor allem untere und mittlere Einkommen. Da die Union von der SPD geforderte Steuererhöhungen abwehrte und zugleich auf die Schwarze Null pochte, war nicht mehr Spielraum vorhanden.
Familienförderung: Mehr Geld in der Tasche werden vor allem Familien haben: Das Kindergeld wird um 25 Euro pro Monat erhöht. Ganz schnell soll es beim Baukindergeld gehen, hier strebt Unions-Fraktionschef Volker Kauder schon bis September ein Gesetz an. Vereinbart sind 1200 Euro Unterstützung pro Kind und Jahr. Weitere Entlastungen: Bei der Arbeitslosenversicherung sollen die Beitragssätze nach dem Willen der Union zum Juli von 3 auf 2,7 Prozent gesenkt werden. Die SPD macht Tempo bei der Abschaffung des Arbeitnehmer-Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung, der soll zum 1. Januar 2019 fallen.
Arbeitsmarkt: Das Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeit steht für die SPD ganz vorn auf der Agenda. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles fordert jetzt ein klares Signal und eine Umsetzung in den ersten 100 Tagen. Allerdings hat die SPD schon eine Kröte geschluckt, denn gelten soll das Rückkehrrecht nur für Unternehmen ab 45 Mitarbeitern. Weiterer Punkt für die SPD: Die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen soll wieder "zur Ausnahme" und endlose Kettenbefristungen abgeschafft werden.
Gesundheit und Pflege: Noch wichtiger als die 8000 zusätzlichen Fachkraftstellen, die im Koalitionsvertrag zugesagt werden, ist die Umstellung von Fallpauschalen auf die Erstattung der tatsächlichen Pflegekosten durch die Krankenkassen. So können Krankenhäuser nicht länger durch den Rotstift beim Pflegepersonal ihren Profit erhöhen. Zugleich entfällt der Druck der Kliniken, Lohnforderungen abzuschmettern, weil die Krankenkassen zahlen müssen.
Bildung: Mit der Abschaffung des sogenannten Kooperationsverbotes, wonach der Bund den Kommunen kein Geld für Schulen geben darf, hat sich die SPD auf ganzer Linie durchgesetzt. Zwei Milliarden Euro will der Bund in den Ausbau von Ganztagsschul- und Betreuungsangeboten stecken, fünf Milliarden Euro in die Digitalisierung von Schulen.



