In vorderste Reihe gerückt

Weil der Schützenpanzer Puma ausfällt, setzt Berlin auf "alte" Marder

Verteidigungsministerin Lambrecht besuchte das Bataillon in Marienberg. Die hier stationierten Marder-Schützenpanzer müssen im Ernstfall binnen einer Woche einsatzbereit sein.

13.01.2023 UPDATE: 13.01.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Über die Schulter geschaut: Christine Lambrecht lässt sich beim Besuch des Panzergrenadierbataillons 371 in der Erzgebirgskaserne die Funktionen der Panzerabwehrwaffe „Mells“ von Soldaten erläutern. Foto: dpa

Von Mareike Kürschner, RNZ Berlin

Marienberg. Der Hauptdarsteller steht mit Tannengrün getarnt im Hof. Oben draufgeschraubt: Bordmaschinenkanone, Turmmaschinengewehr und die moderne Panzerabwehrwaffe Mells. "Aufgrund der Motorenbenutzung kann es zu Belästigung durch Emissionen kommen", erklärt der Kompanieführer. Der Marder lässt den Motor aufheulen, eine schwarze Diesel-Wolke steigt in den Himmel. Dann fährt der Panzer los – in Richtung der Bundesministerin der Verteidigung, Christine Lambrecht.

Die Ministerin besuchte am Donnerstag das Panzergrenadierbataillon 371 im sächsischen Marienberg. In der Erzgebirgskaserne ließ sie sich den altgedienten Marder in Aktion zeigen, denn dort sind die 40 Schützenpanzer stationiert, die innerhalb von einer Woche "abmarschbereit" sein müssen, falls die Nato zum Einsatz ruft.

Die 50 Jahre alten Marder gehören zum Gefechtsverband, den die Bundeswehr für die Beteiligung an der VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) der Schnellen Nato-Eingreiftruppe bereitstellt. Es handelt sich um die "Speerspitze" der Verteidigungsallianz.

Eigentlich sollte der moderne Schützenpanzer Puma diese Aufgabe übernehmen. Im Dezember jedoch fielen 18 Puma bei einer Übung aus. Die Planung für die VJTF, in der Deutschland dieses Jahr die Führung übernommen hat, musste über den Haufen geworfen werden.

Auch interessant
Krieg in der Ukraine: Machtkampf in Putins Truppen - Krieg läuft nicht nach Plan
VJTF: Deutschland führt schnelle Eingreiftruppe der Nato
Bundeswehr: Lambrecht: Schützenpanzer für Kiew nicht aus aktivem Bestand

Stattdessen rückte das Panzergrenadierbataillon 371 mit seinen Mardern in die vorderste Reihe. "Wir sind vom Verteidiger zum Stürmer geworden, um ein Bild aus dem Fußball zu nehmen", erklärt ein Sprecher des Bataillons.

Erleichtert dürfte die SPD-Politikerin bei der Ankunft erst einmal über diese Nachricht sein: Alle 40 Panzer für die Speerspitze sind einsatzbereit. Ein Gipfel mit der Industrie, auf dem über die Probleme beim Puma gesprochen wird, findet heute in Berlin statt. Man ist optimistisch, dass der Puma doch noch seine Fähigkeiten bei der VJTF einbringen kann.

In Marienberg wissen sie jedoch die Vorteile des Marders zu schätzen: "Es ist ein zuverlässiges, robustes Fahrzeug, das sich zur Not noch mit Manneskraft bedienen lässt", sagt der Oberfeldwebel, der den Panzer für die Vorführung angeleitet hat. Doch der Marder kann beispielsweise nicht aus der Bewegung schießen – da ist ihm der Puma überlegen.

Auch die Ministerin lässt sich die Fähigkeiten des Marders erklären, von denen 40 auch der Ukraine versprochen wurden. Bei der Vorführung der Panzerwaffe Mells schaut sie über die Schulter des Gruppenführers, dann auch einmal kurz durchs Visier, bevor es zum Gespräch mit ausgewählten Frauen und Männern geht. Sie wolle "direkt und ungefiltert" Eindrücke von der Truppe bekommen, alle anderen müssen draußen warten.

Bei einem Termin wie diesem könnte sie sich hervortun, sich äußern zur Panzerdebatte mit der Ukraine, die Ausrüstungsprobleme der Bundeswehr ansprechen, generell in die Offensive gehen. Doch sie agiert lieber reaktiv – während die Kritik an ihr wächst. Nicht wenige zählen in Berlin bereits die Tage bis zu ihrem Rücktritt.

Doch der Kanzler wird sie nicht rausschmeißen. Schließlich würde er damit eingestehen, einen Fehler gemacht zu haben. Dass Lambrecht Fehltritte aussitzen kann, hat sie schon mehrfach bewiesen, wie zuletzt bei ihrem peinlichen Silvestervideo.

Beim Pressestatement in Marienberg darauf angesprochen, wie sie ihre Botschaft rückblickend bewerten würde, wünschte die Ministerin allen Anwesenden "erst einmal auch heute alles, alles Gute fürs neues Jahr".