Weihnachten und Adventszeit mit Waffe in Kurdistan
Die Region ist Deutschland eng verbunden. Verteidigungsminister Pistorius dankte den Soldaten im Einsatz im Irak.

Von Mareike Kürschner, RNZ Berlin
Erbil. Jeden Morgen in der Weihnachtszeit findet sich das Kontingent vor einem überdimensionalen Adventskalender ein, bestehend aus 24 rot- und grünlackierten Holzkisten. Per Los wird ermittelt, welcher Soldat das Türchen öffnen darf. "Wir teilen eigentlich immer", sagt der Stabsfeldwebel, der sich mit André vorstellt, "vor allem die Süßigkeiten." Die könne man gar nicht alleine essen, so viel wie da manchmal in einer Kiste sei.
Seit fast zehn Jahren unterstützen deutsche Soldaten als Teil einer internationalen Stabilisierungsmission hier in der autonomen Kurdenregion die Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte. Hinter André leuchten die Lichterketten im Hof, zwei Kameraden sitzen im Feldhemd bei 20 Grad vor den Adventsbögen und rauchen. Drei Monate Einsatz bleiben dem IT-Spezialisten noch.
Warum er ausgerechnet Weihnachten hier ist? Er beginnt kurz vorzurechnen, dass er in 18 Jahren beim Bund zwölf Auslandseinsätze absolviert hat, davon vier über Weihnachten. "Irgendwann muss jeder mal." Trotzdem zieht er sich nach dem gemeinsamen Essen an Heiligabend gerne zurück, telefoniert mit seiner Frau und den Kindern. Erbil soll sein letzter Auslandseinsatz sein. Dass Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zum Weihnachtsbesuch hierher kommt, ist für die rund 100 Soldatinnen und Soldaten vor Ort eine große Anerkennung.
"Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten hier gerade jetzt kurz vor Weihnachten und fernab ihrer Familien einen ganz wichtigen Beitrag. Ich weiß gar nicht, wie oft ich alleine heute Morgen ‚Danke‘ gehört habe, für das, was die deutsche Bundeswehr hier leistet", sagte der Minister am Donnerstag. Zuvor hatte er sich mit dem Regionalpräsidenten der autonomen Region Kurdistan in dessen Palast getroffen. Präsident Nechirvan Barzani begrüßte die Delegation auf Deutsch mit "Guten Tag, wie geht es Ihnen?"
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In Deutschland lebt die größte kurdische Diaspora, viele haben in der Bundesrepublik studiert. Vor zehn Jahren, auf dem Höhepunkt des Kampfes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, lieferte Deutschland das Waffensystem Milan an die kurdischen Peschmerga-Kämpfer. "Dafür sind sie uns bis heute sehr dankbar", erzählt André. In der Stadt begegneten den Soldaten oft Jungen, die den Namen Milan tragen – wegen der Waffe.
Das irakische Kurdistan spielt für die Stabilität in der Region eine wichtige Rolle. Die Regionalregierung hat gute Kontakte zur Türkei – für Kurden ungewöhnlich. Für die Amerikaner ist der Nordirak wichtig als Bollwerk gegen den benachbarten Iran. Derzeit bauen sie ihre Präsenz in Erbil aus. Allein das US-Generalkonsulat in der Stadt mit 1,8 Millionen Einwohnern beschäftigt 3000 Menschen.
"Die letzten Tage haben einmal mehr gezeigt, dass es wichtig ist, sich frühzeitig zu bekennen, zur Stabilität in der Region beitragen zu wollen", betonte Pistorius mit Blick auf die Entwicklungen im Nachbarland Syrien. Er warb wie bereits am Vortag für ein stärkeres Engagement Deutschlands im Irak.
Was ein Ausbau der deutschen Präsenz bedeuten würde, lässt Pistorius offen. Insgesamt ist die Gefahrenlage hier zwar als hoch eingestuft, doch die größte Gefahr geht vom Iran aus, der mit Geschossen immer wieder auf den US-Stützpunkt neben dem deutschen Camp zielt. "Hier ist die Lage eigentlich ruhig, kein Vergleich zu Kabul oder Masar-i-Scharif", sagt André. Größere Fluchtbewegungen aus Syrien könnten das Bild aber ändern – und damit auch den deutschen Einsatz.