Daniel Caspary im Interview

"Es darf keine Nachverhandlungen geben"

Europapolitiker Daniel Caspary hofft noch, dass die Briten den Brexit ganz absagen

16.01.2019 UPDATE: 17.01.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 21 Sekunden
Daniel Caspary. Foto: zg

Von Daniel Bräuer

Heidelberg. Der Karlsruher CDU-Politiker Daniel Caspary (42) ist handelspolitischer Sprecher der konservativen Fraktion im EU-Parlament und Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe.

Herr Caspary, hat sich am Tag nach dem Brexit-Beben der Staub so weit gelegt, dass Sie sehen können, wie es weitergehen soll?

Theresa Mays Niederlage war zu erwarten. Es ging nur noch um die Höhe. Und es ging darum, ob das britische Parlament irgendeinen Vorschlag macht, wie es weitergehen kann. Die Botschaft von Dienstag ist: Das Parlament hat Nein gesagt zu dem Austrittsvertrag. Wenn dann nächste Woche nochmal abgestimmt wird, stimmt es vielleicht als nächstes gegen einen No-Deal-Brexit? Das wäre auch eine Möglichkeit. Aber klar ist für mich: Es darf keine Nachverhandlungen geben. Wir werden im Europäischen Parlament demnächst den Ratifizierungsprozess angehen.

Sie meinen, die EU ist den Briten weit genug entgegengekommen - und geht keinen Schritt weiter?

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Wir haben mit der britischen Regierung ein Abkommen verhandelt. Das liegt auf dem Tisch. Und jetzt muss die EU-Kommission versuchen, dafür im Rat und im Parlament eine Mehrheit zu finden. Und die britische Regierung muss dafür im britischen Parlament eine Mehrheit finden. Sollte das britische Parlament andere konstruktive Vorschläge machen, dann kann man die Sache überdenken. Aber im Moment ist die Lage eindeutig: Die Briten haben nur gesagt, was sie nicht wollen. Das sagen sie schon seit zweieinhalb Jahren. Ich wünsche mir, dass sie endlich mal sagen, was sie wollen.

Sie wollen zum Beispiel einen weniger rigiden Backstop. Wie wäre es damit?

Der Backstop ist angelegt für den Fall, dass es keine Einigung gibt über ein zweites Abkommen über unsere künftigen Beziehungen. So wie sich Großbritannien sehr schwer tut damit, dass dauerhaft Nordirland anders behandelt wird als der Rest Großbritanniens, genauso wenig können die Briten erwarten, dass wir akzeptieren, dass Irland auf Dauer anders behandelt wird als die anderen EU-Mitgliedsstaaten. Das Problem ist doch nicht, dass die EU Großbritannien loswerden möchte. Großbritannien möchte die Europäische Union verlassen. Dann sollen sie von uns nichts verlangen, was sie selbst für sich nicht akzeptieren wollen. Und der Backstop ist ja nicht dafür da, dass er überhaupt in Kraft tritt.

Wie er jetzt angelegt ist, weckt er aber bei den Briten die Angst, dass sie aus der Zollunion nie rauskommen. Lässt sich das nicht lindern?

Wir haben ganz klar signalisiert: Wir wollen ein zweites Abkommen abschließen. Wir haben doch nicht die Absicht, die Briten zu ärgern.

Riskieren Sie damit, dass das No-Deal-Szenario das wahrscheinlichste ist?

Das kann man uns vorwerfen, ich sehe es aber nicht so. Ich persönlich habe immer noch die kleine Hoffnung, dass dieser historische Fehler für beide Seiten nicht kommt und Großbritannien Mitglied bleibt. Bisher hat das britische Parlament zu allen Vorschlägen Nein gesagt. Vielleicht erleben wir, dass es in den nächsten Wochen sagt, auch einen Austritt ohne Abkommen soll es nicht geben. Dann kommen wir vielleicht doch in eine Situation, in der doch ein weiteres Referendum möglich wird.

Und das Ergebnis von 2016 einfach überstimmt wird?

Es gab in den 70er Jahren schon mal ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft. Wenn man dieses Referendum durch das vor zweieinhalb Jahren ihn Frage stellen konnte, kann man auch das wieder durch ein neues in Frage stellen. Mein Eindruck ist, dass da viele Kollegen im britischen Unterhaus versuchen, Großbritannien in der EU zu halten. Warten wir mal ab. Der Ball liegt bei den Briten.

Ist es nicht auch Verantwortung der EU, einen No-Deal-Austritt zu verhindern?

Es liegt in der Verantwortung von beiden Seiten: Deswegen haben wir ein Abkommen ausgehandelt, das die britische Regierung akzeptiert hat. Jetzt hat das britische Parlament das Abkommen abgelehnt. Ich wünsche mir, so bin ich zumindest erzogen: Wenn man zu einem Vorschlag Nein sagt, steht man selbst in der Verantwortung, einen neuen zu machen.