Corona-Verordnung

Das sind die wichtigsten Informationen auf einen Blick

Seit Mittwoch gelten strenge Auflagen für das öffentliche Leben in Baden-Württemberg

18.03.2020 UPDATE: 18.03.2020 16:00 Uhr 3 Minuten, 12 Sekunden

Von Sören S. Sgries

Stuttgart. In der Nacht auf Mittwoch verschärfte die baden-württembergische Landesregierung – wie Dienstagmittag angekündigt – noch einmal die Maßnahmen, mit denen die Ausbreitung des Virus Sars-Cov-2 gebremst werden soll. Die Hintergründe der Corona-Verordnung:

Was ist die Grundidee der Verordnung? Alles an öffentlichem Leben, was nicht unbedingt notwendig ist, wird untersagt, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen.

Für welchen Zeitraum gilt die Verordnung? Grundsätzlich tritt die Verordnung erst am 15. Juni 2020 außer Kraft. Zahlreiche einzelne Maßnahmen sind aber beschränkt bis zum Ablauf des 19. April.

Welche Regeln gelten für Schulen und Kindergärten? Der Unterrichtsbetrieb pausiert bis einschließlich 19. April, also bis nach den Osterferien. Die Schulgebäude bleiben auch für nichtschulische Zwecke geschlossen. Auch Kindertageseinrichtungen, Kindertagespflege und Betreuungsangebote wie die "verlässliche Grundschule" oder Horte werden ausgesetzt.

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Gibt es Ausnahmen für Schulen? Ja. Schulen an Heimen bzw. Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren mit Internat sind ausgenommen. Auch soll die (schulische) Ausbildung für Gesundheitsberufe – also beispielsweise Krankenpfleger oder Notfallsanitäter – und die Weiterbildung von Intensivkrankenpflegern fortgeführt werden.

Müssen alle Schüler zuhause bleiben? Nein. Es gibt Ausnahmen für Grundschüler und Schüler der Klassenstufen 5 und 6. Bedingung ist, dass beide Erziehungsberechtigten oder die/der Alleinerziehende in Bereichen der "kritischen Infrastruktur" tätig und "nicht abkömmlich" sind. Für diese Kinder wird eine "Notbetreuung" in möglichst kleinen Gruppen organisiert. Allerdings müssen diese Kinder gesund sein und dürfen in den letzten 14 Tagen nicht in einem Risikogebiet gewesen sein.

Können trotzdem Abschlussprüfungen stattfinden? Vielleicht. Die Landesregierung kann, so sieht es die Verordnung vor, entsprechende Ausnahmen zulassen. Ziel ist es, dass auch in diesem Jahr alle Abschlüsse gemacht werden können. Details werden noch geklärt.

Welche Regeln gelten für Hochschulen? Auch hier wird der Studienbetrieb bis zum 19. April ausgesetzt. Mensen und Cafeterien bleiben geschlossen. Online-Angebote sollen weiterhin möglich sein. Über die Nachholung von ausgefallenen Veranstaltungen und Prüfungen "entscheidet die Hochschule in eigener Verantwortung". Das Wissenschaftsministerium darf explizit die Dauer dieser Maßnahmen verlängern sowie Ausnahmen zulassen.

Welche Veranstaltungen sind noch erlaubt? Eigentlich keine. Alle Zusammenkünfte in Vereinen und Sport- und Freizeiteinrichtungen, in Volkshochschulen, in Musikschulen und sonstigen Bildungseinrichtungen sind verboten. Ebenso Reisebusreisen. "Sonstige Versammlungen und sonstige Veranstaltungen" sind untersagt. Bemerkenswert an diesem Paragrafen: Es gibt keine zeitliche Begrenzung, d.h. er gilt vorerst bis zum 15. Juni. Und es spielt auch keine Rolle, wie viele Teilnehmer eine Veranstaltung haben sollte. Alle sind verboten.

Gilt das auch für Gotteshäuser? Ja. Auch Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und von anderen Glaubensgemeinschaften sind bis zum 15. Juni verboten.

Welche Freizeiteinrichtungen bleiben geöffnet? Eigentlich keine. Bis zum 19. April müssen Kultureinrichtungen wie Museen und Theater, Bildungseinrichtungen, Kinos, Schwimmbäder, Sportanlagen und Fitnessstudios, Jugendhäuser, Bibliotheken, Bordelle, Spielhallen, Eisdielen, Bars, Diskotheken, Tier- und Freizeitparks schließen. Das gilt auch für Spiel- und Bolzplätze. Und für die meisten Geschäfte im Einzelhandel.

Welche Geschäfte bleiben geöffnet? Diejenigen, die für die Grundversorgung der Bevölkerung gebraucht werden. Und die dürfen sogar an Sonn- und Feiertagen öffnen. Allerdings müssen sie die erforderlichen Hygienestandards sicherstellen und im Zweifelsfall den Zutritt steuern und Warteschlangen vermeiden.

Also kann man noch Lebensmittel kaufen? Ja. Geöffnet bleiben – entsprechend den Leitlinien der Bundesregierung – der Einzelhandel für Lebensmittel, der Großhandel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte und Hofläden.

Wie sieht es mit Apotheken und Banken aus? Auch diese dürfen geöffnet bleiben. Und nicht nur Apotheken und Banken, auch Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Poststellen, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Tierbedarfs-, Garten- und Baumärkte.

Haben Gaststätten noch geöffnet? Hier ist die Lage etwas komplizierter. Einerseits heißt es: "Der Betrieb von Gaststätten wird bis zum 19. April 2020 grundsätzlich untersagt." Andererseits gibt es Ausnahmen: Wenn sichergestellt ist, dass die Tische bzw. Stehplätze mindestens 1,5 Meter Abstand haben, dürfen Schank- und Speisegaststätten von 6 bis 18 Uhr öffnen. Eine Auflage, wonach die Gäste nachverfolgbar sein müssen, war angekündigt – findet sich aber nicht im Verordnungstext.

Was ist mit Hotels? Gewerbliche Übernachtungsangebote dürfen nur noch zu "notwendigen und ausdrücklich nicht touristischen Zwecken" genutzt werden.

Wie werden Risikogruppen in Pflegeheimen, betreuten Wohngemeinschaften und Kliniken geschützt? Die Landesregierung hat ein weitreichendes Besuchsverbot für die entsprechenden Einrichtungen erlassen – es gilt vorerst bis 15. Juni. Ausnahmen gibt es für psychiatrische Einrichtungen. Nur im Einzelfall soll es Ausnahmen für nahestehende Personen geben, beispielsweise im Rahmen der Sterbebegleitung oder zur Begleitung eines erkrankten Kindes.

Wann wurde diese Verordnung verabschiedet? "Extrem spät und extrem kurzfristig", gab Regierungssprecher Rudi Hoogvliet gegenüber der RNZ zu – die Pressemitteilung, die Vollzug vermeldete, verschickte das Staatsministerium erst am Dienstag um 22.45 Uhr. Angekündigt hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Maßnahmen allerdings schon in der Pressekonferenz am Mittag. Darunter auch die Öffnungsverbote für eine Vielzahl von Geschäften. Danach war die genaue Ausgestaltung der Regelung lange unklar – was viele Handelsvertreter und Kommunalpolitiker kritisierten. Hoogvliet warb um Verständnis: "Was sonst eine Arbeit von Wochen ist, machen wir jetzt in Stunden." Und: Die Regierung habe die Kommunalen Landesverbände am späten Nachmittag vorab informiert, dass das Gesetz noch am selben Tag in Kraft treten werde.