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Die Familie Ott plant den Bau eines innovativen Milchviehstalls mit Gülleveredelungsanlage

09.10.2018 UPDATE: 09.10.2018 06:00 Uhr 3 Minuten, 6 Sekunden

Die Familie Ott plant den Bau eines innovativen Milchviehstalls

"Wir möchten der nächsten Generation einen modernen, zukunftsorientierten Betrieb übergeben", sagt Klaus Ott, "und die ganze Familie arbeitet mit Herzblut an der Vision eines neuen Stalles." Über 200 Jahre lässt sich die landwirtschaftliche Tradition der Familie Ott auf dem Schlempertshof zurückverfolgen. Die Zeit ist aber nicht stehengeblieben: Damit auch die Hofnachfolge, die in Person von Sohn Wolfgang schon in den Startlöchern steht, eine Perspektive hat, möchten die Otts einige hundert Meter von ihrem Hof entfernt einen innovativen Stall für mehr als 250 Kühe bauen. Das Bauvorhaben wurde sogar als Modellprojekt für die Verbesserung des Umwelt- und Tierschutzes in der Rinderhaltung ausgewählt - als eines von nur zwei im Regierungspräsidium.

Seit zehn Jahren beschäftigt sich die Familie Ott mit der Frage eines möglichen Neubaus. Auf ihrem Hof ist keine Expansion möglich: Für die Tierhaltung existiert zwar ein Bestandsschutz, aber eine Ausweitung könnte dort nicht genehmigt werden - unabhängig davon, dass auch kein Platz vorhanden ist. "Seit 2008 sind wir auf Standortsuche, und wir waren dabei immer im Austausch mit den Fachbehörden, aber auch mit der Familie Gerig", erklären die Otts. Die Vorgaben waren dabei klar: Der neue Stall soll so weit vom Schlempertshof entfernt wie möglich errichtet werden, um mögliche Belästigungen zu minimieren.

Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Windrichtung bei der Suche nach dem idealen Standort eine elementare Rolle spielt, erklärt Wolfgang Ott, der in Triesdorf Landwirtschaft studiert. Und so seien die Flächen im Gewann "Hofäcker" in den Fokus gerückt. An der nördlichen Grenze der zwölf Hektar, direkt an der Gemarkungsgrenze zu Dornberg, sei sowohl die vorausgesetzte Erschließung als auch der notwendige Abstand zum Schlempertshof gewährleistet.

Intensiviert wurden die Planungen, als vor einigen Jahren die Entscheidung fiel, dass Sohn Wolfgang in den elterlichen Betrieb einsteigt: "Der jetzige Standort ist extrem eingeschränkt und die Arbeitsbelastung sehr hoch, so dass der nächsten Generation nur mit einem Neubau eine Perspektive gegeben ist." Bereits 2014 wurde mit dem Bau der Güllegrube der Grundstein für die neue Hofstelle gelegt. Eine Rundbogenhalle als Strohlager zeigt die weitere Betriebsentwicklung. Zudem hat die Familie Ott das ehemalige Ste᠆chert-Gebäude erworben, um es künftig als Wohnhaus zu nutzen - denn direkte Nähe sei in der Tierhaltung Voraussetzung.

Zentrales Element des Konzepts ist der Bau eines Milchviehstalls mit integrierter Gülleveredelungsanlage. Dabei handelt es sich um eine Biogasanlage, die ausschließlich mit betriebseigenem Mist und eigener Gülle betrieben werden soll. Die Altgebäude werden weiter genutzt. Dort soll nun das Jungvieh gehalten werden, insgesamt aber deutlich weniger Tiere als bisher. Hier wäre dann ausreichend Platz, um alle Maschinen und Fahrzeuge für den Ackerbau unterstellen zu können.

Der neue Stall besteht aus zwei Liegehallen für ca. 250 Kühe und einem Melkhaus. Zur Steigerung des Tierwohls soll zwischen den Liegehallen ein für die Kühe frei zugänglicher Laufhof entstehen. Geplant ist außerdem ein automatisches Fütterungssystem. Der elektrisch angetriebene Fütterungsroboter füttert mehrfach am Tag und fast geräuschlos. "Bei der Planung eines neuen Stalls lassen sich kurze Wege und modernste Technik einbauen, um die Betriebsabläufe zu optimieren", erklärt Wolfgang Ott. Davon profitierten letztlich die Umwelt, die Tiere und die Landwirte, die ihre Arbeitskraft zielführender einsetzen können.

Dieses Konzept hat auch die Verantwortlichen im Ministerium für Ländlichen Raum sowie im Regierungspräsidium überzeugt. Anfang August erhielten die Otts die Zusage für das EIP-Programm (Europäische Innovationspartnerschaft). Hinter dem von der EU finanzierten Projekt steht das Ziel, innovative Bauprojekte in der Rinderhaltung zu planen, umzusetzen und wissenschaftlich zu begleiten. Der Fokus liegt darauf, die positiven Folgen für Tierwohl, Umweltschutz und Emissionsminderung unter Praxisbedingungen zu erproben. Die Begleitforschung wird von der Universität Nürtingen durchgeführt. Vorgesehen ist auch ein Besucherlehrpfad, der sich, so die Hoffnung von Andrea Ott, zu einem Besuchermagneten entwickeln könnte. Doch die Zeit drängt: Für die Förderung muss das Vorhaben innerhalb von zwei Jahren realisiert sein.

Der Knackpunkt ist etwa 200 Meter vom geplanten neuen Standort des Stalls entfernt: der Ferienbauernhof der Familie Gerig. Die Otts sind sich sicher, dass es durch ihr Projekt zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen für die Feriengäste kommen wird. Laut des von ihnen in Auftrag gegebenen Emissionsgutachtens sei auf Grund der vorherrschenden Windrichtung davon auszugehen, dass ein Großteil der Gerüche Richtung Dornberg weggeweht wird. Was den zusätzlichen Verkehr angeht, würden hauptsächlich Fahrten für Futteranlieferung und Gülleausbringung anfallen - jedoch auf wenige Tage im Jahr beschränkt.

Auch wenn der Gemeinderat sich nun mit knapper Mehrheit für ihren Bauantrag ausgesprochen hat, sieht sich die Familie Ott "nicht als Gewinner". "Wir hoffen vielmehr darauf, dass das eine Chance ist, dass wieder aufeinander zu gegangen wird", sagt Klaus Ott. Denn: "Wir sind nach wie vor an einem guten nachbarschaftlichen Verhältnis interessiert und sind überzeugt, dass Ferien auf dem Bauernhof und moderne Tierhaltung voneinander profitieren können." (rüb)