"Aus Neugier": Bolsonaro beschädigt Fußfessel mit Lötkolben
Brasiliens Ex-Präsident wird festgenommen - und räumt ein, seine Fußfessel im Hausarrest angeschmort zu haben. Ein bemerkenswertes Video zeigt Spuren des Manipulationsversuchs. Wollte er fliehen?

Brasília (dpa) - Brasiliens Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat eigenen Angaben zufolge in der Nacht vor seiner Festnahme seine elektronische Fußfessel mit einem Lötkolben beschädigt. "Ich habe da heißes Eisen draufgehalten. Aus Neugier", sagte Bolsonaro einer Beamtin bei der Kontrolle des Geräts, wie auf einem vom Obersten Gerichtshof veröffentlichten Video zu sehen ist. Auf Nachfrage, ob es sich um ein Bügeleisen gehandelt habe, antwortete Bolsonaro: "Nein, ein Lötkolben." Er habe die Fußfessel, die er während seines Hausarrests tragen musste, aber nicht abnehmen wollen, beteuerte er.
Auf dem Video ist zu sehen, dass das schätzungsweise knapp zehn Zentimeter große Kunststoffgehäuse des Funkapparats über Bolsonaros Fußknöchel ringsherum angeschmort ist. Das eigentliche Gerät blieb laut der Beamtin aber "offenbar intakt".
Bolsonaro befand sich seit August wegen Verstößen gegen gerichtliche Auflagen im Hausarrest. Am frühen Samstagmorgen (Ortszeit) wurde er wegen des Verdachts eines "konkreten Fluchtrisikos" und einer "Bedrohung der öffentlichen Ordnung" festgenommen. Dabei handelte es sich nicht um die Vollstreckung der Strafe wegen eines versuchten Staatsstreichs, für die er im September zu über 27 Jahren Haft verurteilt worden war. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, mit einer Vollstreckung wurde zuletzt kommende Woche gerechnet.
Richter befürchtete Flucht Bolsonaros
Die Entscheidung zur Festnahme beruhte nach Angaben der Ermittler auf neuen Erkenntnissen der Bundespolizei. Kurz nach Mitternacht hatte die Fußfessel demnach Alarm ausgelöst, was auf einen Manipulationsversuch hingedeutet habe. Hinzu kam, dass der Sohn des Ex-Präsidenten, Senator Flávio Bolsonaro, zuvor zu einer nächtlichen Mahnwache vor dem Haus seines Vaters aufgerufen hatte.
Laut Bundesrichter Alexandre de Moraes hätte ein tumultartiger Verlauf dieser "Mahnwache" eine Kontrolle des Hausarrests erschweren und Bolsonaro eine Flucht im Schutze des Chaos ermöglichen können - möglicherweise zur nahegelegenen Botschaft eines ihm wohlgesonnenen Landes wie den USA, wo er sich dann vor den Strafverfolgern hätte verschanzen können. Moraes entschied daraufhin, Bolsonaro präventiv in Haft zu nehmen.
Die Regierung von US-Präsident Donald Trump unterstützt den rechtskonservativen Ex-Militär Bolsonaro, der seine Wahlniederlage 2022 bis heute nicht akzeptiert und nach Überzeugung des Obersten Gerichts mit Militärs und politischen Verbündeten einen Staatsstreich gegen die Regierung seines linken Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva plante. Washington wirft der brasilianischen Justiz eine politisch motivierte Kampagne gegen Bolsonaro vor.
Nach der Festnahme des Ex-Präsidenten bezeichnete der stellvertretende US-Außenminister Christopher Landau den landesweit bekannten Richter Moraes als "Menschenrechtsverletzer", der mit seinem "provokativen" Vorgehen Schande über das Oberste Gericht gebracht habe. "Die USA sind zutiefst besorgt über seine jüngste Attacke auf den Rechtsstaat und die politische Stabilität in Brasilien", schrieb Landau auf der Plattform X.
Anwälte nehmen Bolsonaro in Schutz
Bolsonaros Anwalt Paulo Cunha Bueno gab keine Erklärung für die Beschädigung der Fußfessel ab. Die "Gebetsmahnwache" sei als religiöse Veranstaltung durch die Verfassung geschützt gewesen, betonte er. Trotz der veröffentlichten Belege des Obersten Gerichtshofs und der Aussagen Bolsonaros zum Einsatz eines Lötkolbens sprach der Anwalt von einer verzerrenden Darstellung der Justiz, mit der "das nicht zu Rechtfertigende rechtfertigt werden soll".
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