Von Alexander Rechner
Heidelberg. Eigentlich kennt man Smudo (bürgerlich Michael Schmidt) als Rapper von den "Fantastischen Vier". Doch derzeit unterstützt der 52-Jährige die Smartphone-App Luca speziell für Besuche etwa von Museen und Konzerten.
Smudo, die "Fantastischen Vier" wollten im vergangenen Jahr auf große Tour gehen. Doch das Coronavirus durchkreuzte Ihre Pläne. Wie viele schlaflose Nächte hatten Sie als Musiker schon in der Pandemie?
Zu Beginn der Krise hatten wir noch gehofft, unsere Tour in den Herbst verschieben zu können. Dann aber kam die knallharte Ernüchterung. Die Pandemie wird noch länger uns und unser Leben im Griff haben. Aber: Schlaflos lag ich nicht im Bett. Auch wenn das Coronavirus für uns Künstler enorme Auswirkungen hat.
Sie sprachen die Auswirkungen an, droht die deutsche Kulturszene wegen Corona auszusterben?
Das glaube ich nicht. Wobei ich es nicht vorhersagen kann. Denn dies ist meine erste Pandemie. Aber sie wird mitunter schwere wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Jedoch ist es müßig, nun zu jammern. Wir müssen zusammen da durchkommen.
Bund und Länder haben sich nun auf eine Verlängerung der Beschränkungen geeinigt. Wie bewerten Sie dies?
Die Beschlüsse halte ich für richtig. Wobei ich zu der Fraktion gehöre, die für eine Null-Fälle-Strategie plädiert. Also: ein harter, dafür aber kürzerer Lockdown. Dieser Weg würde uns schneller zu einem umgänglichen Leben mit dem Coronavirus führen. Und mit einer Software wie Luca würden wir die Gesundheitsämter derart entlasten, dass wir eine höhere Toleranz bei den Inzidenzen hätten und uns nicht mehr von Lockdown zu Lockdown hangeln müssen.
Wie kam es dazu, dass die "Fantastischen Vier" App-Entwickler wurden und sich derart engagieren?
Wir sind nicht die Entwickler, aber die Botschafter von Luca. Als Band sind wir immer schon an Innovationen interessiert. Und diese haben wir regelmäßig in unseren Kosmos geholt. Insofern waren wir sofort begeistert, als wir von der Idee hörten. Davon kann schließlich unsere Branche in Zukunft profitieren.
Smudo von den „Fantastischen Vier“ will mit der Luca-App Konzerte und Live-Auftritte ermöglichen. Fotos: dpaWollen Sie mit Luca Geld verdienen?
Wir wollen die Kulturlandschaft wieder beleben. Für die Nutzer und Veranstalter ist Luca kostenlos. Wir wollen wieder Konzerte geben. Seit gut einem Jahr standen wir schon nicht mehr auf der Bühne.
Die Luca-App hat auch das Interesse von Gesundheitsminister Jens Spahn geweckt. Wie verlief das Gespräch?
Über den Rückruf von Minister Spahn haben wir uns gefreut. Das Gespräch war sehr gut. Wir haben vor allem über den Zauber des ganzen Systems mit ihm gesprochen. Luca ist schließlich nicht nur die App, sondern eben ein komplettes System. Beeindruckend finde ich das unglaublich hohe Tempo, wie es dann weiter geht. Schon zwei Tage später hatten wir die nächste Konferenz. In der durften wir das weitere Vorgehen besprechen.
Was darf man also erwarten?
Aufgabe ist es, einen breiten Zusammenschluss von Unterstützern in Kultur, Politik, Gesellschaft und Sport zu erwirken. Umfassende pandemische Zustände verlangen gemeinsame Anstrengungen von Politik und Gesellschaft und Privatwirtschaft gleichermaßen. Es gibt auch sehr gute Gespräche zum Beispiel mit dem Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert.
Was ist der Unterschied zwischen Corona-Warn- und Luca-App?
Das sind zwei sehr verschiedene Anwendungen. Die Corona-Warnapp überprüft und bewertet ständig Risikobegegnungen. Sie ist quasi ein Radar. Sie läuft aufgrund ihrer Struktur und Philosophie anonym im Hintergrund. Die Luca-App ist dagegen komplett anders. Sie unterstützt bei der sicheren Kontaktdatenübermittlung zwischen Nutzern, Betreibern und Gesundheitsämtern. Sie ist die Rundumdigitalisierung der bereits bestehenden Dokumentationspflicht. Die beiden Apps flankieren das Leben mit dem Coronavirus aus zwei unterschiedlichen Richtungen.
Zunächst müssen aber die 380 Gesundheitsämter eingebunden werden. Das dürfte für diese angesichts der aktuellen Belastungssituation eine große Herausforderung darstellen, oder?
Die Ausstattung der 380 Gesundheitsämter in der Bundesrepublik mit Luca ist eigentlich ganz einfach und benötigt nur wenige Stunden. Allerdings ist es nicht leicht, die autonom geführten lokalen Ämter an Luca heranzuführen. Hierfür gehen wir den Weg über Politik und Gesellschaft. Es wird Zeit, dass die Zettelwirtschaft und das händische Nachtelefonieren ein Ende hat.
In Deutschland spielt der Datenschutz eine große Rolle. Wie sicher sind denn die Daten bei Luca?
Mancherorts wird von der Aufweichung des Datenschutzes zugunsten der Corona-Bekämpfung fabuliert. Das finde ich skandalös. Es geht hier um Sicherheit. Der Datenschutz schafft Vertrauen. Daher war es unser Ziel von Anfang an, eine Lösung zu finden, die die Daten der Nutzer schützt. Niemand, nicht mal die Gastgeber oder der Datenbetreiber selbst, kann die Daten entschlüsseln. Das kann ausschließlich das Gesundheitsamt. Und das nur auf Nachfrage beim Infizierten. Das ist der Mehrwert des Luca-Nutzers. Er weiß, seine Daten sind sicher, und er kann selber darüber bestimmen und wird informiert, wenn sie gelesen werden.
In Jena, in Thüringen und auf Sylt soll die App starten. Warum nicht in Ihrer Heimat – in Baden-Württemberg?
Als Baden-Württemberger, der sich mit dem Ländle eng verbunden fühlt, wäre ein Einsatz von Luca in meiner Heimat etwas Besonderes. Wir führen auch schon konstruktive Gespräche mit der Staatskanzlei. Stuttgart könnte ein Leuchtturm werden. Zumindest hoffe ich es sehr.