Zumindest zwei Frauen haben es weit nach oben geschafft: Annegret Kramp-Karrenbauer (l.) und Angela Merkel. Foto: dpa
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Es war der Durchbruch nach einer langen Verhandlungsnacht: Die Struktur- und Satzungskommission der CDU hat sich am Mittwoch nach elf Stunden Gesprächsmarathon auf eine Frauenquote verständigt. 34 Mitglieder stimmten zu, sieben dagegen und fünf enthielten sich. Teilnehmer berichteten von einer kontroversen Debatte. Und der Streit um die Quote für Führungspositionen geht weiter. Jetzt soll der Bundesparteitag am 4. Dezember in Stuttgart darüber entscheiden.
Nach dem Plan von Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer würde die Quote in drei Stufen eingeführt werden: Beim Einstieg im Januar 2021 ist ein Frauenanteil von 30 Prozent vorgesehen, sowohl für Parteiämter als auch für die Aufstellung von Wahllisten für Europaparlament, Landtage und Bundestag – dort aber nur für die ersten zehn Plätze. Zwei Jahre später soll er auf 40 Prozent erhöht werden und 2025 auf 50 Prozent. Die Regelung würde für Gruppenwahlen von Vorständen gelten, aber nicht für Einzelwahlen wie Vorsitzende, Generalsekretäre oder Schatzmeister. Sollten nicht ausreichend Kandidatinnen antreten, kann von der Regel abgewichen werden. Wenn für Ämter keine Frauen gewählt würden, wie es die Quote vorsähe, sollen diese unbesetzt bleiben – ein Punkt, der in der CDU besonders umstritten ist und zu weiteren Diskussionen führen dürfte. Auch für die Wahl der Parteitagsdelegierten ist eine Quote vorgesehen, die jedoch dynamisch immer wieder an die Zahl weiblicher Mitglieder angepasst werden soll.
Schon jetzt gibt es Gegenwind: Der Wirtschaftsrat der CDU, die konservative Werteunion und nicht wenige Abgeordnete sprachen sich dagegen aus. Junge Union und RCDS, die die Quote bisher ablehnen, können selbst entscheiden, ob sie die Quote anwenden. Die Studentenorganisation positionierte sich am Mittwoch noch einmal klar: "Der RCDS braucht keine Quoten", heißt es in einem Beschluss des Bundesvorstands, der die Partei dazu aufforderte, "sich klar gegen die paritätische Besetzung von Parlamenten und anderen Wahlgremien zu positionieren". Der Vorsitzende Sebastian Mathes sagte: "Wir sollten uns mehr mit der Frage beschäftigen, welche tatsächlichen Hindernisse es in der parteipolitischen Arbeit für Frauen, aber auch junge Eltern oder Berufstätige gibt, statt über Quotenregelungen zu diskutieren."
In der Quotenfrage scheint die CDU weiterhin gespalten. Auch der Chef der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann, fordert "eine flexible Lösung". Der Frauenanteil bei Ämtern und Mandaten sollte an den Anteil an der Mitgliederzahl gekoppelt werden, so Linnemann. "Das wäre meines Erachtens nach sinnvoller und im Übrigen auch gerechter." Natürlich könne es der CDU nicht gefallen, wenn der Anteil der weiblichen Mitglieder nur bei 25 Prozent liege. "Aber dann muss man den Fokus darauf richten, diese Gruppe für uns zu gewinnen. Das erreicht man aber nicht mit Quoten, sondern mit Inhalten und Themen", erklärte Linnemann.
Bei einem Frauenanteil von gerade einmal rund 25 Prozent, der seit Jahren stagniert, dürfte es nicht einfach werden, die Quotenregel konsequent anzuwenden. Es sei "ein steiniger Weg", aber es lohne sich, ihn zu gehen, sagte die Vorsitzende der Frauenunion, Annette Widmann-Mauz. "Wir haben einen wichtigen Etappenerfolg erzielen können, aber wir sind noch lange nicht am Ziel."
Die Frauenunion forderte bereits 2018 eine verbindliche Quote von 50 Prozent. Auf dem Bundesparteitag 2019 in Leipzig wurden eine Debatte und eine mögliche Entscheidung noch vertagt. "Für die einen geht es zu schnell. Wir hätten uns da durchaus schnellere Etappenziele vorstellen können", erklärte Widmann-Mauz. Es handele sich um einen "klassischen Kompromiss".
Und auch an anderer Stelle droht Streit: Nachdem der Bundesverband Lesben und Schwulen in der Union künftig den Status einer Sonderorganisation und damit mehr Rechte erhalten soll, verlangt auch die konservative Werteunion eine solche Aufwertung. "Wenn die Parteiführung konsequent sein will, muss sie auch die Werteunion aufwerten", so ihr Chef Alexander Mitsch.