Karin Maag (58) ist gesundheitspolitische Sprecherin der Union. Stephan Thomae (52) ist Fraktionsvize der FDP. Fotos: dpa
PRO
Von Karin Maag, Gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Nach wie vor befinden wir uns in einer sehr dynamischen und ernstzunehmenden Situation. Die Zahl der Covid-19-Fälle ist innerhalb von zwei Wochen im November um 50 Prozent auf 780.000 angestiegen. Das sind bedrohliche Entwicklungen, die schnell aufgehalten werden müssen. Deshalb ist es nötig, nicht nur neue Regelungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit zu treffen, sondern auch die Rechtsgrundlagen für erforderliche Schutzmaßnahmen zu präzisieren.
Mit dem dritten Bevölkerungsschutzgesetz geben wir dafür einen klaren und rechtssicheren Rahmen – und damit auch eine feste Orientierung für die Bürger. Dazu gehören unter anderem die Maskenpflicht, Kontaktbeschränkungen, die Untersagung von Veranstaltungen und die Schließung der Gastronomie. Natürlich muss dabei permanent abgewogen werden zwischen den Maßnahmen, die erforderlich sind, um das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen, also das Infektionsgeschehen weiter einzudämmen, und den Grundrechten der Bürger. Da die Maßnahmen von den Ländern mittels Rechtsverordnungen durchgesetzt werden, beinhaltet das Gesetz zudem eine Begründungspflicht der Länder, wenn sie Schutzmaßnahmen erlassen. Zudem gilt eine generelle Befristung von vier Wochen. Eine Verlängerung muss durch die Länder begründet werden.
Wir wollen vorbereitet sein, sobald ein Impfstoff verfügbar ist. Deshalb sehen wir für alle Bürger einen Anspruch auf Schutzimpfungen vor sowie die Durchführung dieser Impfungen. Mir ist wichtig: Eine Impfpflicht wird es nicht geben. Um insbesondere das Ansteckungsrisiko für Risikogruppen zu vermindern, ermöglichen wir außerdem, einen Anspruch auf Schutzmasken zu regeln.
CONTRA
Von Stephan Thomae, Vize der FDP-Bundestagsfraktion
Mit ihrem unausgereiften dritten Bevölkerungsschutzgesetz setzt die Große Koalition nicht nur das Vertrauen und die Akzeptanz der Bevölkerung aufs Spiel, sondern gibt auch Anlass für die nächste Klagewelle. Damit ist dem Kampf gegen das Virus sicher nicht gedient. Wenn man bedenkt, wie tiefgreifend die Grundrechtseingriffe sind und wie viel Zeit die Große Koalition hatte, wirkt dieses Gesetzgebungsverfahren geradezu skrupellos. Die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung waren fast einhellig der Auffassung, dass das Gesetz mit heißer Nadel gestrickt, handwerklich schlecht oder sogar verfassungswidrig ist. Daraus folgt ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit für Bürger und Behörden.
Trotz einiger Nachbesserungen sind die verfassungsrechtlichen Zweifel nicht ausgeräumt. Noch immer handelt es sich um eine reine Aufzählung von Maßnahmen. Keine Landesregierung oder Kommune weiß, was sie wann tun darf. Auch die Einbindung des Bundestages ist nur halbherzig. Die Bundesregierung sollte langsam verstanden haben, dass die vernünftige Beteiligung des Parlaments unabdingbar ist. Als FDP-Fraktion haben wir daher einen eigenen Vorschlag gemacht, der klar definiert, welche Maßnahmen bei welchem Infektionsgeschehen greifen sollen, Ausnahmen und Befreiungsmöglichkeiten vorsieht, bewusst auf überflüssige Maßnahmen wie Ausgangssperren oder Beherbergungsverbote verzichtet, regional ausgerichtet ist und die dringend gebotene Rechtssicherheit schafft.
Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Union und SPD noch zur Besinnung kommen. Denn die nächste Aufgabe wartet: eine ganzheitliche Corona-Strategie zu entwickeln und vorzulegen.