Der Bundesbauftragter für Datenschutz Ulrich Kelber (SPD). Foto: dpa
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin.Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Kelber (52) ist Bundesbeauftragter für Datenschutz.
Herr Kelber, der Ruf nach einer Lockerung der Datenschutzauflagen wird lauter. Sehen Sie da in dieser Situation Spielraum?
Seit Beginn der Pandemie versuche ich eines klar zu machen: Gesundheitsschutz und Datenschutz sind keine Widersprüche. Die Corona-Warn-App wird derzeit überarbeitet und angepasst. Geplant ist beispielsweise die Erweiterung der Funktionen um ein Kontakttagebuch, in dem jede Person, die die App nutzt, für sich notieren kann, welche anderen Personen sie getroffen hat. Diese Informationen werden dezentral auf dem Mobiltelefon des Nutzenden gespeichert und können im Falle einer Infektion helfen, dessen Kontakte leichter nachzuverfolgen.
Aber muss in einer solch dramatischen Pandemie nicht der Schutz von Gesundheit und Leben nicht Vorrang vor Datenschutz haben?
Es sind einige wenige prominente Personen, die regelmäßig behaupten, der Datenschutz solle hinter dem Gesundheitsschutz zurücktreten. Eines ist allen gemeinsam: Der steilen These folgen keine konkreten und umsetzbaren Verbesserungsvorschläge. Weniger Datenschutz hilft auch nicht gegen Covid-19. Erst der Datenschutz macht Gesundheitsschutz möglich. Je mehr Menschen der App vertrauen und sie nutzen, umso besser. Wieso sollte der Verzicht auf datenschutzrechtliche Prinzipien wie die Verhältnismäßigkeit oder das Vorhandensein einer Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten nötig sein, um eine Pandemie zu bekämpfen?
Was spricht gegen eine Tracking-App?
Die Corona-Warn-App ist in meinen Augen ein Erfolg, da sie auf große Akzeptanz in der Bevölkerung stößt. Mittlerweile wurde sie etwa 24 Millionen Mal heruntergeladen. Je mehr Menschen die App nutzen, umso besser ist es. Jetzt sollte sie aber auch endlich konsequent weiterentwickelt werden. Eine Tracking-App müsste man neu entwickeln. Das ist mit der Schnittstelle von Google und Apple technisch gar nicht zu realisieren. Eine Neuentwicklung würde uns Zeit kosten und außerdem die vielen Millionen Nutzenden der aktuellen App.
Es gibt Forderungen, dass es bestimmte Freiheiten und Dienstleistungen nur für Menschen mit dem Nachweis einer Corona-Impfung geben soll. Wie bewerten Sie dies, und kommen da nicht neue Probleme mit dem Datenschutz auf uns zu?
Die Dokumentation von Impfungen sind Gesundheitsdaten, die besonders schützenswert sind. Ein verpflichtender Impfnachweis könnte zu Diskriminierung führen. Beispielsweise bei Personen, für die es noch keinen Impfstoff gibt oder die sich nicht impfen lassen dürfen, sonst aber alle Maßnahmen ergreifen. Bis jetzt liegen mir allerdings keine aktuellen Pläne des Gesetzgebers hierzu vor, weshalb sich die Frage nicht stellt.