Doris Pfeiffer. Foto: dpa
Von Annette Dönisch, RNZ Berlin
Berlin. Doris Pfeiffer ist seit der Gründung im Jahr 2007 Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes. Zuvor leitete die Volkswirtin aus Düren vier Jahre lang den Verband der Ersatzkassen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will unter anderem Online-Rezepte und Sprechstunden per Video mit dem "Digitale-Versorgung-Gesetz" etablieren, um den technischen Fortschritt in der Gesundheitsbranche voranzutreiben. Ein überfälliger Schritt?
Wir freuen uns über den Rückenwind für mehr Digitalisierung in der Versorgung. Bei den Qualitätsansprüchen an die Apps, die künftig von allen Krankenkassen finanziert werden, sollte allerdings noch nachgearbeitet werden. Hier sind die Vorgaben für die staatliche Stelle, die diese künftig zulassen soll, noch zu wenig auf den tatsächlichen Nutzen für die Patientinnen und Patienten ausgerichtet.
Die Gesetzlichen Kassen sollen künftig die Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken weitergeben. Datenschützer bemängeln, dass die Patienten nicht widersprechen könnten. Sind die Daten der Patienten in Gefahr?
Wenn wir über Digitalisierung sprechen, ist der Datenschutz das höchste Gut. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir als Verband ausschließlich pseudonymisierte Abrechnungsdaten bekommen. Das heißt, es geht hier nicht um Blutwerte, Röntgenbilder oder dergleichen. Wir können auch nicht herausfinden, zu welcher echten Person die Daten gehören.
Wird sich die Gesundheitsversorgung durch das neue Gesetz verbessern?
Wir erwarten, dass sowohl die neuen digitalen Anwendungen, wie zum Beispiel Apps, als auch die Nutzung der pseudonymisierten Daten der Versicherten die Versorgung der Menschen verbessern werden – sonst würden wir das auch nicht unterstützen. Apps und Datensammlungen dürfen niemals Selbstzweck sein, sondern müssen den Patientinnen und Patienten helfen.
Bundesärztekammer-Präsident Klaus Reinhardt mahnt, dass man alle Patienten bei der Reform mitnehmen müsse, auch jene, die sich mit Technik nicht so gut auskennen würden. Droht eine Zwei-Klassen-Versorgung?
Videosprechstunden und Ferndiagnosen werden die traditionellen Wege der Medizin ergänzen, aber nicht ersetzen. Und wenn wir die Versorgung aufgrund der Nutzung der pseudonymisierten Versichertendaten besser organisieren können, dann kommt das allen Menschen zugute – egal ob jung oder alt, mit einem Smartphone oder ohne. Das Gesundheitswesen muss sich immer wieder neu an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten, nicht umgekehrt.
Die digitalen Neuerungen werden Geld kosten. Steigen dadurch die Krankenversicherungsbeiträge?
Unser erster Blick geht auf die medizinische Versorgung, und da sehen wir die große Chance, dass sie durch die Digitalisierung noch besser wird. In vielen Branchen sind durch Digitalisierungsprojekte die Kosten gesunken. Es wird jetzt darauf ankommen, dass das bezahlt wird, was auch tatsächlich nützt. Hier sehen wir noch Nachbesserungsbedarf, damit nicht Beitragsgelder für Scheininnovationen ausgegeben werden.