"Bargeld ist gelebter Datenschutz"

Handel und Opposition reagieren mit Skepsis und Kritik auf die Bargeld-Obergrenze der Regierung

03.02.2016 UPDATE: 04.02.2016 06:00 Uhr 2 Minuten

Bargeld-Käufe sollen beschränkt werden, um Schwarzarbeit, Geldwäsche und Steuerhinterziehung besser bekämpfen zu können. Foto: dpa

Handel und Opposition reagieren mit Skepsis und Kritik auf die Bargeld-Obergrenze der Regierung

Von Rasmus Buchsteiner, RNZ Berlin

Berlin. Eine Bargeld-Obergrenze für Deutschland? Die Regierung erwägt ein Limit für Cash-Zahlungen von 5000 Euro. So soll die Bekämpfung von Schwarzarbeit, Drogengeschäften, Geldwäsche und Steuerhinterziehung erleichtert werden. Es werde aber auch in Zukunft Bargeld in Deutschland geben, versichert das Finanzministerium. Priorität soll jedoch eine international-europäische Lösung haben. Wenn es dazu nicht komme, werde Deutschland eben vorangehen, heißt es aus dem Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Die Bundesrepublik wäre mit einer Obergrenze für Barzahlungen nicht allein: Zwölf andere europäische Länder verfügen bereits über solche Regelungen.

Während Opposition, Handel und Verbraucherschützer Sturm gegen die Pläne laufen, kommt aus Nordrhein-Westfalen Beifall für den Vorstoß. "Wo die Grenze liegt, darüber kann man reden. Ich habe 3000 Euro ins Gespräch gebracht", erklärte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Ich finde gut, dass es in diesem Punkt Bewegung gibt. Von mir aus kann jeder sein Geld bar in den Keller legen", so Walter-Borjans weiter. "Nur hohe Rechnungen zu begleichen, sollte an die Pflicht zur Banküberweisung gekoppelt sein."

Was wird aus dem Bargeld in Deutschland? Kürzlich erst hatte Deutsche-Bank-Chef Johan Cryan erklärt, Cash sei "fürchterlich teuer und ineffizient" und werde in den nächsten zehn Jahren verschwinden. In der Chefetage der Bundesbank hält man dagegen und macht Fragezeichen hinter die neuen Regierungspläne. "Bei der Kriminalitätsbekämpfung ist das Bargeld stark im Fokus. Aber der französische Ökonom Gabriel Zucman schätzt, dass sich etwa 5800 Milliarden Euro unbar auf Konten in Steueroasen befinden", erklärte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Es muss geklärt werden, ob die hochgesteckten Ziele bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung realistisch sind. Der Nachweis steht noch aus" (siehe Interview oben).

In der Wirtschaft, insbesondere im Handel, reagiert man mit Skepsis auf die Pläne. Man sehe die Überlegungen kritisch, weil davon ein negatives Signal auf die Verwendung von Bargeld ausgehen könne, heißt es beim Handelsverband Deutschland. Kritisch äußern sich auch Verbraucherschützer. "Bargeld ist gelebter Datenschutz. Und der darf nicht aufs Spiel gesetzt werden", so Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen. Zurückhaltung auch bei den Banken. Wenn eine Obergrenze politisch gewollt sei, sollte dies auf europäischer Ebene geregelt werden, reagierte der Bundesverband deutscher Banken. "Die Bezahlung mit Bargeld ist ein Stück Freiheit. Der Zwang zur Überweisung schafft die Möglichkeit der Überwachung aller Geschäfte und Transaktionen", erklärte FDP-Chef Christian Lindner gestern im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion. "Der Einstieg in die Begrenzung von Bargeld ist die Vorstufe von Überwachung und Enteignung." Es verbiete sich, unbescholtene Bürger unter Generalverdacht zu stellen: "Wir lehnen eine Begrenzung von Barzahlungen ab, denn Barzahler sind keine Verbrecher."

Obergrenzen-Befürworter Walter-Borjans hält dagegen. "Die Unterstellung, Barzahler per se zu verdächtigen, ist Unsinn, zumal die wenigsten Normalbürger Rechnungen über tausende von Euro bar begleichen", so der NRW-Finanzminister. In Brüssel gibt es aktuell offenbar keine Pläne für eine europaweite Obergrenzen-Regelung. Gut möglich, dass sich die Bundesregierung bald für einen Alleingang entscheidet.