Heidelberger Literaturtage

Eröffnung mit Heinrich Steinfest

Lesung am 15. Juni - Roman-"Heimspiel" in Heidelberg

24.05.2018 UPDATE: 30.05.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden
Heinrich Steinfest liest aus seinem Roman „Die Büglerin“. Foto: Riegels

Von Marion Gottlob

Heidelberg. Unter dem Motto "Im Aufbruch" finden vom 15. bis 19. Juni im Spiegelzelt auf dem Universitätsplatz die Heidelberger Literaturtage statt. Die Unesco-Literaturstadt 
organisiert erneut ein abwechslungsreiches Programm mit Lesungen, Workshops und Podiumsgesprächen. Zur Eröffnungslesung am 15. Juni wurde Heinrich Steinfest eingeladen.

Der mehrfach ausgezeichnete Autor ist bekannt durch seine Krimis mit dem einarmigen Detektiven Cheng. Warum sein neuer Roman "Die Büglerin" überwiegend in Heidelberg spielt, darüber sprach die RNZett mit Heinrich Steinfest.

Herr Steinfest, wie kamen Sie auf die Idee zu dem Roman "Die Büglerin"?

Am Anfang standen zwei Gemälde. Picassos Büglerin von 1904 aus der blauen Periode, leidend, starr, wie erfroren, und andererseits eine drei Jahrzehnte davor entstandene Büglerin von Degas, warm, weich, hell. Ich wollte eine Büglerin schaffen, die stilistisch genau zwischen diesen Extremen angesiedelt ist, zugleich nonnenhaft wie elegant. Mit gewissen magischen Fähigkeiten.

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Hintergrund

Heidelberger Literaturtage

Freitag, 15. Juni, bis Dienstag, 19. Juni, im Spiegelzelt auf dem Universitätsplatz

Deutschsprachige Autorenlesungen

Renommierte deutschsprachige Schriftsteller stellen sich und ihre jüngsten

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Heidelberger Literaturtage

Freitag, 15. Juni, bis Dienstag, 19. Juni, im Spiegelzelt auf dem Universitätsplatz

Deutschsprachige Autorenlesungen

Renommierte deutschsprachige Schriftsteller stellen sich und ihre jüngsten Werke vor, u. a.: Mirko Bonné "Lichter als der Tag", 14.6., 20 Uhr zur Eröffnung von StadtLesen; Iris Wolff "So tun, als ob es regnet", 16.6., 17 Uhr; Thomas Lehr "Schlafende Sonne", 16.6., 19 Uhr; Jo Frank "SNACKS", 18.6., 21 Uhr.

Bilinguale Lesungen

Lesungen und Gespräche in Originalsprache mit deutscher Übersetzung bieten interkulturellen Austausch u. a. mit: Bin Hamza, Strasburger & Weidner "Drei Männer und der Libanon", 16.6., 21 Uhr; Ngugi wa Thiong’o "Dekolonisierung des Denkens", 17.6., 15 Uhr; Maryam Madjidi "Du springst, ich falle", 17.6., 19.30 Uhr; Simon-Pierre Hamelin "101, Rue Condorcet, Clamart", 17.6., 21.30 Uhr; Rózycki, Sobol & Hartmann "Polnische Lyrik heute", 18.6., 17 Uhr.

Ungewöhnliche Formate

Literarische Genüsse fernab der gewohnten "Wasserglaslesung" versprechen neben literarischen Stadtführungen auch Abendprogramm und Workshops mit interdisziplinären, neuen Veranstaltungsformaten: Nathan Curnow & Geoffrey Williams "The Night Reverses" (Lyrische Loop-Beat-Show), 15.6., 21 Uhr; Shared Reading-Workshop, 16.6., 15 Uhr; die artverwandten "Fahrerflucht" (Live-Hörspiel), 16.6., 23 Uhr; Nora Gomringer & Philipp Scholz "PENG PENG PENG" (Poetry und Percussion), 18.6., 19 Uhr; Ahrens, Magnusson & Walser "Stadtgeschichten. Literatur in Einfacher Sprache", 19.6., 20 Uhr.

Kinder- und Jugendprogramm

Kinderliteraturfest, 16. & 17.6., 11-15 Uhr mit der Geschichtenerzählerin Mechthild Goetze, dem blauen Pferd aus Reykjavík, StadtLesen, dem Bücherbus (am Sa), dem Spielmobil, Kinderschminken. Autor Kai Pannen liest aus "Mach die Biege, Fliege!", 16.6., 11 Uhr; KinderMusikTheater Heidelberg "Matilda, ihre Macken und ich", 17.6., 11 Uhr. Kostenfreie Schulveranstaltungen "Testlabor Theaterstück" (18.6., 9.30 Uhr) & "School Poetry Slam" (19.6., 9.30 Uhr) buchbar per E-Mail an literaturtage@heidelberg.de.

Karten & vollständiges Programm www.heidelberger-literaturtage.de; Einzelkarten ab 10 Euro, erm. Karten, Tageskarten, Festivalpass erhältlich.

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Die Heldin Tonia Schreiber gibt ihren Beruf als Meeresbiologin auf, um zu bügeln. Sie fühlt sich am Tod eines Kindes schuldig. Warum?

Sie hat immer geahnt, dass es ihre Aufgabe sein wird, dieses Kind, ihre Nichte, zu schützen. Doch in diesem Punkt scheitert sie auf fatale Weise, obwohl sie vor Ort ist, als das Unglück geschieht. Es ist ein Gefühl der Schuld, das sie nie wieder los wird und das niemand ihr nehmen kann.

Warum haben Sie Heidelberg für Ihren Roman gewählt?

Zu Tonias Zäsur gehört das Weggehen aus Wien. Mit ihrer Konzentration auf das Bügeln braucht es einen neuen Ort. Da kam mir Heidelberg gelegen. Meine Frau lebt in Wilhelmsfeld, wo ich mich notwendiger- wie glücklicherweise oft aufhalte. Und damit auch immer wieder in Heidelberg, einer Stadt, die für mich wie keine andere in einer Symbiose mit einem Fluss lebt.

Bügeln Sie gerne?

Ich wasche gerne, geradezu manisch. Aber ich bin kein Bügler, sondern ein "Hänger". Ein großer Freund der Wäscheleine.

Steht das "Bügeln" für "Glatt-Bügeln" im Sinne von einem "Ausmerzen" von Schuld?

Ja. Umso mehr als das Bügeln vor allem jenen Objekten gilt, die wir unsere "zweite Haut" nennen. Tonia ist mit ihrer Arbeit ganz nahe an den Körpern der Menschen mit all ihren Geheimnissen, Schmerzen und Freuden. Darum ist in diesem Roman einmal von Alchemie die Rede. Alchemie im Sinne von Paracelsus als Vollendung der Natur. Ich würde sagen, dass Tonia in gewisser Weise die Menschen vollendet.

In dem Roman wird über Attentate diskutiert - manche Menschen haben Angst vor solchen Gesprächen. Warum sind sie wichtig?

Um der Angst Herr und Frau zu werden. Ich sage gerne, dass Literatur kein Ratgeber, sondern ein Trostspender ist. Im Trost steckt für mich auch die Bewältigung. Eben mehr als im Rat.

Wie kamen Sie zum Schreiben? In Australien geboren und in Wien aufgewachsen?

Zu ergänzen wäre: seit 20 Jahren in Stuttgart. Zuerst Maler, dann Schriftsteller. Mit meiner Malerei kam ich an einen Punkt, wo ich meinte, mich nicht weiterzuentwickeln. Also fing ich mit dem Schreiben an und entwickle mich - nach meinem Empfinden - ständig weiter.

Haben Sie einen Lieblingsort in Heidelberg?

Das ist immer so schwer, sich auf einen "Liebling" festzulegen. Aber wenn’s denn sein soll, dann ist es die im Roman beschriebene Stelle beim Hallenbad Köpfel mit dem Blick auf die Stadt, der wie ein zauberischer V-Ausschnitt wirkt. Für mich besitzt Heidelberg durchaus heimatliche Züge. Also wenn Sie mich fragen, worauf ich mich in Heidelberg freue, dann würde ich sagen: aufs Nachhausekommen.

Info: Eröffnung der Heidelberger Literaturtage am Freitag, 15. Juni, 18 Uhr, im Spiegelzelt; ab 19 Uhr Lesung mit Heinrich Steinfest, ab 21 Uhr Show "The Night Reverses" mit Nathan Curnow und Geoffrey Williams. Karten für 12 Euro unter www.heidelberger-literaturtage.de.