Wein weitet den Horizont
Christine Link und Jens Maurer haben das Weingut Hockenberg in Oberderdingen-Flehingen in fünf Jahren qualitativ von null auf mindestens 100 gebracht

Lage, Lage, Lage - ist wichtig auch bei den Hockenberg-Weinen. Fotos: Steinheimer
Von Johannes Hucke
Dass sich die Menschheit aufspalte in Macher und Träumer, wird vor allem von ersteren behauptet. Es geht auch beides, und manchmal wundert man sich, in welchem Tempo: Gerade mal fünf Jahre gibt es das Weingut Hockenberg am Rande von Oberderdingen-Flehingen, und schon steht es da, als hätte es immer existiert. Oder zumindest seit Einführung der Reben in Kraichgau und Stromberg, wobei, vom äußeren Anschein her deutet wenig auf eine lange Historie; erbaut zwischen mittelschwerer Industrie und einer modernen Sporthalle, entspricht das Ensemble aus Wohnhaus und Verarbeitungsgebäude nicht unbedingt den Erwartungen derer, die Traditionsweingüter mit Goethe-Besuchsgarantie bevorzugen. Doch kaum biegt man um die erste Ecke, ist da dieser Duft, dieses ganz spezielle "Hier-bin-ich-richtig-Aroma."
Hintergrund
Adresse: Weingut Hockenberg, Attenbergstraße 23, 75038 Oberderdingen-Flehingen
Telefon: 0 72 58/9 30 07 24
Homepage:
Adresse: Weingut Hockenberg, Attenbergstraße 23, 75038 Oberderdingen-Flehingen
Telefon: 0 72 58/9 30 07 24
Homepage: www.weingut-hockenberg.de
Seit: 2014
Lagen: Auf Lagenangaben wird verzichtet.
Rebfläche: 13 Hektar
Rebsorten: Riesling, Muskateller, Weißburgunder, Grauburgunder, Chardonnay; Trollinger, Lemberger, Cabernet Sauvignon, Merlot
Preise: von 5 bis 14,50 Euro
Spezialitäten: Cabernet Sauvignon mit Merlot im Barrique gereift, Chardonnay Sekt brut
Christine Link und Jens Maurer haben sich in Weinsberg kennengelernt. Dort zu studieren, war also eine gute Idee in gleich mehrfacher Hinsicht: gelungene badisch-württembergische alliance cordiale mit Weinbergen auf beiden Seiten der Grenze! Auch "Erbweinberge vom Opa" waren dabei, kostbare Lagen, die nach Generationen Weinbau bedroht waren. Mit allem Recht kann das Weingut Hockenberg als einer der Retter des Gochsheimer Weines gelten. Der Wein ist gleich zweimal ausgezeichnet: zum einen auf dem Etikett mit "Gochsheim - Baden - Kraichgau", zum andern in puncto Qualität.
Auf Weiß- und Grauburgunder verstehen sich Link und Maurer ganz besonders, weshalb beide Sorten zweimal vorkommen: "Steillage", "Alte Reben", trocken und "mit Süßschwänzel." Ganz raffiniert wirkt sich die Sur-Lie-Methode beim Weißburgunder aus - spannende exotische Noten. Zur Komplettierung des Sortenspiegels würde das tatkräftige Winzerpaar durchaus der Auxerrois noch reizen. "Der passt so gut in unsere Gegend!"
Jens Maurer, dem zauberhaften Schönbuch bei Tübingen entstammend, hat keine ernsthaften Anpassungsschwierigkeiten gehabt. "Es ist doch alles längst nicht mehr so engstirnig wie früher." Dafür kann er seiner Herkunftsfamilie gegenüber auf ein echtes Stück Schwaben verweisen, den PATRIOT genannten Trollinger. Eine Rotwein-Cuvée trägt den Namen Emil; der Namensgeber observiert den Interviewprozess aus gesicherter Position und malt versonnen am elterlichen Schreibtisch ...

Mit einer Cabernet Sauvignon-Merlot-Cuvée, im Barrique gereift, zeigt das Weingut, zu welchen Spitzenleistungen es fähig ist. Der Wein empfiehlt sich für Liebhaber des (fast) klassischen Bordeaux-Satzes, denen die Erzeugnisse von der rive gauche oder droite jedoch meist zu adstringierend oder teuer sind - und so entsetzlich nach Paprika schmecken. Da kommt der Oberderdinger weitaus geschmeidiger daher, ein bisschen ein Filou, dessen Charme man sich gar nicht entziehen mag.
Freilich, Link und Maurer können auch ganz modern. "Simply red" nennen sie einen roten Einsteiger aus - na so was! - Portugieser und Samtrot. "Samtig - beerig - geil" umschreiben sie zeitgemäß das süffige Produkt. Ähnlich peppig geht es beim Rosé zu. Der Muskattrollinger erfreut sich vor allem im Sommerausschank gesteigerter Beliebtheit, indessen der "Saignée" ganzjährig auch verwöhnte Frankophile beglückt.

Schlichtes Etikett, süffiger Inhalt: Muskattrollinger.
Damit nicht genug der Innovationen: Mit einem Weinmobil macht man von sich reden, eine echte Systemumkehr ganz im Sinne der Durstigen. Warum soll man die ohnehin durch Wanderwegstaub und Höhenweg-Erklimmen Geplagten auch noch kilometerweit in die Dörfer nötigen? An natürlichen Sammelpunkten wie dem Derdinger Horn fährt das Mobil einfach vor und schenkt aus. Toll! Wir empfehlen: Erst mal einen frischen Hockenberg-Riesling, da kommt jeder Bergfex auf Touren!
"Im ersten Jahr hatten wir noch vier Produkte. Mittlerweile können wir sämtliche Geschmäcker abdecken", umreißt Jens Maurer bescheiden eine gigantische Aufbauarbeit. Umtriebig wie das bilaterale Winzerduo nun mal ist, beteiligt man sich auch an diversen Gemeinschaftsaktionen, etwa am 3. August an der WeinNacht auf dem Kelterplatz, am 24./25. August beim Weinbergfest auf dem Wilfenberg, am 15. September an der Probe auf dem Horn und - selbstverständlich - am Brettener Weinmarkt (dieses Jahr vom 19. bis 23. September). Da haben wir das Weingut letztes Jahr kennengelernt. So ein Glück!