Hintergrund zu Nobelpreis Hepatitis D wird therapierbar

15.10.2020 UPDATE: 15.10.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 8 Sekunden

Hepatitis D wird therapierbar

Was vor rund 25 Jahren als Grundlagenforschung begann, führte nun zur erfolgreichen Zulassung eines Medikaments: Der von Heidelberger Forschern entwickelte Virusblocker Bulevirtide (Handelsname Hepcludex, ehemals Myrcludex B) wurde jetzt von der Europäischen Kommission zugelassen. Hepcludex ist der erste Vertreter der sogenannten "Entry Inhibitoren" für Hepatitis D und hindert Hepatitis D- und auch B-Viren (HDV und HBV) am Eindringen in die Zellen. Für rund 25 Millionen Hepatitis-D-Infizierte weltweit bedeutet die Entwicklung des Wirkstoffs neue Hoffnung, denn bislang gab es kein zugelassenes Medikament gegen diese Infektionserkrankung.

Hepatitis-D-Infektionen gelten als besonders schwere Form der Virushepatitis, denn sie treten nur gemeinsam mit HBV-Infektionen auf und können noch schneller zu einer Leberzirrhose und zu Leberkrebs führen, als es bei einer alleinigen HBV-Infektion der Fall ist. "Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg, der auf jahrzehntelanger virologischer Forschung in Heidelberg basiert", sagte Prof. Hans-Georg Kräusslich, Zentrumssprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg.

Das Wirkprinzip von Hepcludex funktioniert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Hepatitis B- und D-Viren vermehren sich ausschließlich in der Leber, denn nur auf den Leberzellen befindet sich der Gallensalztransporter NTCP, welchen sie als "Schloss" (Virusrezeptor) nutzen, um in die Zellen zu gelangen. Hepcludex blockiert wie ein abgebrochener Schlüssel dieses Schloss. In mehreren klinischen Phase I- und Phase II- Studien konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoff von Menschen gut vertragen wird und die Vermehrung von Hepatitis B und D hemmt. Aktuell wird eine Phase III-Studie durchgeführt, die die Langzeitwirkung von Hepcludex untersucht.

Mit der Zulassung von Hepcludex setzt sich eine Heidelberger Erfolgsgeschichte fort, denn vor wenigen Jahren gelang ein entscheidender Beitrag zur Entwicklung von Medikamenten gegen Hepatitis C: Prof. Ralf Bartenschlager, Direktor der Abteilung für Molekulare Virologie am Zentrum für Infektiologie, erarbeitete mit Entdeckungen zu den molekularen Eigenschaften und zum Vermehrungszyklus des Hepatitis C-Virus Angriffsflächen für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten. (jb)