Hintergrund - Prosopagnosie

14.01.2020 UPDATE: 15.01.2020 06:00 Uhr 47 Sekunden

Hinweise auf Prosopagnosie finden sich bereits in der griechischen Antike. Das Defizit wurde erstmals 1947 vom deutschen Psychiater und Neurologen Joachim Bodamer anhand dreier Patienten mit Hirnverletzungen wissenschaftlich eingeführt. Dieser prägte auch das Kunstwort "Prosopagnosie", das er aus den griechischen Wörtern für "Gesicht" und "Nichterkennen" ableitete.

Die erworbene Form nach Enzephalitis, Hirntrauma oder -infarkt ist aber sehr selten. Erst seit 1976 kennt man die angeborene (kongenitale) Form. Prof. Ingo Kennerknecht vom Institut für Humangenetik am UKM konnte in seinen seit 2001 betriebenen Studien zeigen, dass die angeborene Prosopagnosie mit einer weltweiten Prävalenz von zwei bis drei Prozent sehr häufig ist und fast immer familiär auftritt.

Mit bildgebenden Verfahren wie EEG (Elektroenzephalographie) und fMRT (funktionelle Magnetresonanztomographie) versucht man den neurologischen Hintergrund abzuklären. Zur Diagnostik sind diese Methoden bislang nicht geeignet. Verhaltenspsychologische Tests, wie der Cambridge Face Memory Test, sind derzeit die diagnostische Methode der Wahl, erlauben aber nicht in jedem Fall die Diagnose.

Die zugrunde liegende Genetik abzuklären, haben sich Wissenschaftler weltweit zur Aufgabe gemacht, ohne bislang Gene gefunden zu haben, die mit dem Auftreten der Prosopagnosie in Verbindung gebracht werden können. Da die Prosopagnosie angeboren ist, gibt es derzeit keine Therapie. Weil sich Betroffene dessen oft nicht bewusst sind, wird das Phänomen nicht thematisiert und ist deshalb kaum bekannt.