Hintergrund Neckar-Odenwald-Kliniken

19.11.2019 UPDATE: 19.11.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 55 Sekunden

Die Lage der Neckar-Odenwald-Kliniken ist für Landrat Dr. Achim Brötel dramatisch. In der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales am Montagabend stimmte er darauf ein, dass man sich auf ein noch höheres Defizit als bisher befürchtet einstellen müsse (siehe gesonderter Beitrag). Deshalb habe die Klinik-Geschäftsführung mit Frank Hehn an der Spitze aktuell den Auftrag, gemeinsam mit den Chefärzten bis Ende November einen Maßnahmenplan zu erarbeiten. Über den soll dann erstmals der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am 5. Dezember beraten – einen Tag nach der kommenden Kreistagssitzung. Und im Januar sollen dann die zuständigen Gremien darüber beraten (voraussichtlich am 29. Januar wird der Kreistag das Thema öffentlich erörtern). Dies geht auch aus der Tischvorlage für die kommende Zusammenkunft des Kreistags hervor.

"Trotz aller Bemühungen ist es bislang nicht gelungen, die wirtschaftliche Lage der Neckar-Odenwald-Kliniken zu stabilisieren und den vom Kreis zu leistenden Defizitausgleich auf ein akzeptables Maß zu begrenzen", heißt es in der Vorlage an die Kreisräte. Die Entwicklung sei inzwischen noch dramatischer. "Die Ergebnisse der Neckar-Odenwald-Kliniken stürzen derzeit nahezu ins Bodenlose", so formuliert es die Kreisverwaltung darin. Und nur für einen kleinen Teil davon sei im Kreishaushalt 2019 Vorsorge getroffen. Ursprünglich war der von der Geschäftsführung vorgeschlagene und auf dieser Basis vom Aufsichtsrat beschlossene Wirtschaftsplan der Kliniken nur von einem Jahresverlust von rund 4,4 Millionen Euro ausgegangen. Der finanzielle Ausgleich für das laufenden Jahr und vermutlich die Vorsorge für 2020 stellen den Kreishaushalt "vor eine kaum noch zu bewältigende Herausforderung".

Für Landrat Brötel geht es längst nicht mehr darum, was der Landkreis sich leisten möchte, sondern schlicht und ergreifend darum, was man sich überhaupt noch leisten könne, betonte der Kreischef in der Ausschusssitzung. Die aktuelle Entwicklung der Ergebnisse duldet der Kreisverwaltung zufolge in zeitlicher Hinsicht allerdings keinen weiteren Aufschub mehr. Dabei dürfe es auch keine Denkverbote und Tabus geben.

Obendrein habe die Veräußerung des Wohn- und Pflegezentrums Hüffenhardt nicht etwa Geld in die Kreiskasse gespült, sondern belaste den Landkreis zusätzlich. 2020 komme es zu einem einmaligen Sondereffekt in einer Größenordnung von voraussichtlich rund 2,3 Millionen Euro, der auch noch zusätzlich gestemmt werden muss. Denn: Damit die Mitarbeiter(innen) ihre bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbands erworbenen Anwartschaften auf eine Zusatzversorgung in der Rente nicht verlieren, nimmt der Landkreis diesen Betrag in die Hand.

In der Vorlage wird auch betont, dass die Verwaltung im Rahmen einer Internet-Recherche der Beteiligungsberichte eine landesweite Übersicht der Jahresergebnisse 2016, 2017 und (soweit bereits verfügbar) auch 2018 erstellt habe. Daraus ergibt sich dem Landratsamt zufolge, dass nahezu alle rein kommunalen Krankenhäuser in Baden-Württemberg (mit nur ganz wenigen Ausnahmen) mit Verlusten zu kämpfen haben, die teilweise noch deutlich höher sind als die im Neckar-Odenwald-Kreis. "Auffallend ist im Übrigen auch, dass kommunale Häuser mit privater Beteiligung durchweg wesentlich bessere Jahresergebnisse erzielen", heißt es weiter.

Der Neckar-Odenwald-Kreis hat seit dem Jahr 2009 mehr als 62 Millionen Euro Verlustausgleich geleistet, hinzukommen die nun anstehenden zwölf Millionen Euro. Diese Summe gab man aus, um die stationäre medizinische Grund- und Regelversorgung aufrechtzuerhalten. (ar)