Hintergrund Kohlhof Prozess

05.06.2019 UPDATE: 05.06.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 23 Sekunden

Es war ein Urteil mit Ansage: Bereits beim RNZ-Jahresinterview sprach Oberbürgermeister Eckart Würzner im Dezember davon, dass man anerkennen müsse, dass es im Alten Kohlhof jetzt eine Gastronomie gebe. Was damals wie ein Alleingang Würzners aussah, basierte in Wirklichkeit auf einem Schreiben des Landgerichts: Darin wurden beide Parteien aufgefordert, sich zu einigen - da es ja mittlerweile nachweislich ein Restaurant im Kohlhof gebe.

Nach Angaben der Besitzerfamilie Hofbauer wurde das "Oben" am 15. Januar 2017 eröffnet, das war der Tag, an dem die Stadt ihre letzte Frist für ein Lokal gesetzt hatte. Allerdings erhielt "Oben" erst nach längeren Streitigkeiten mit der Stadt am 1. Juni 2018 eine Konzession, also das Recht zum Alkoholausschank. Im Herbst folgten die Erwähnungen in Restaurantführern.

Die Verhandlung am 19. März war ein einziger Paukenschlag: Die Vorsitzende Richterin Andrea Großmann sagte, dass die Stadt praktisch keine Chance mehr habe, den Alten Kohlhof zurückzukaufen: "Es haben sich gewisse Zweifel ergeben, ob man der Klage der Stadt stattgeben kann." Dann wiederholte die Richterin das, was sie ein Vierteljahr vorher an die Stadt geschrieben habe: Es gebe ja nun ein Restaurant auf dem Kohlhof, was ja auch ganz im Sinne der Stadt sei. Und sie verwies darauf: "Es gibt keine Verpflichtung, hier eine Ausflugsgaststätte vorzuhalten." Höchstrichterliche Urteile der letzten Monate forderten die Kommunen ausdrücklich auf, die Verhältnismäßigkeit zu wahren - also weder selbst dafür zu sorgen, dass es hier ein Restaurant gebe noch Privatpersonen dazu verpflichten, ein solches zu betreiben.

Das klang eindeutig, dabei hat das Gericht aber schon einige inhaltliche Pirouetten gedreht: Beim Prozessauftakt im Dezember 2017 deutete die Richterin an, dass die Stadt schlechte Karten habe, den Alten Kohlhof zurückzukaufen. Bei der zweiten Verhandlung vier Monate später, im März 2018, ließ sie doch Sympathien für die Darstellung der Stadt erkennen, wonach die Hofbauers gegen den Geist des Grundbucheintrags verstoßen haben - zumal da auch als Zeugen direkte Nachbarn angehört wurden, die übereinstimmend aussagten, es sei für sie kein regelmäßiger Gaststättenbetrieb erkennbar gewesen. Danach ging es in den vielen Schriftwechseln vor allem um den Wert der Immobilie und die von den Hofbauers getätigten Investitionen - es sah zeitweise eher nach einem Rückkauf seitens der Stadt aus. (hö)