Hintergrund Interview Campus Galli

01.07.2020 UPDATE: 11.07.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden

Interview mit dem Leiter von Campus Galli

In Frankreich hat man vor mehr als zwanzig Jahren damit begonnen, eine mittelalterliche Burg mit den handwerklichen Möglichkeiten der Zeit zu bauen: Guédelon. Das Vorhaben stand auch bei der Klosterstadt Pate. Die RNZ hat Hannes Napierala, den Leiter von Campus Galli zu den Anfängen, zum aktuellen Stand und zu den Perspektiven des Projekts befragt.

Herr Napierala, von wem kam die Idee, eine alte Klosterstadt aufzubauen?

Von dem Aachener Journalisten Bert Geurten, der leider im vorletzten Jahr verstorben ist. Er und Verena Scondo, die heute noch mitarbeitet, waren die Ideengeber. Die beiden haben über mehrere Jahre hinweg versucht, einen Standort zu finden.

Und warum ein Kloster?

Herr Geurten hat das immer so erzählt, dass er den St. Galler Klosterplan und ein Modell als junger Mann in Aachen gesehen hatte, bei einer Ausstellung über Karl den Großen. Dann sah er im Fernsehen eine Doku über Guédelon. Da erinnerte er sich an diesen Klosterplan und dass es in dieser Ausstellung hieß, der Plan wäre nie umgesetzt worden. Diese Idee, die am Anfang nur eine wilde Spinnerei war, hat sich fortgesetzt: Man hat überlegt, wie man das als Bildungsort, als Kultureinrichtung betreiben und über touristische Einnahmen finanzieren könnte. Mitte der 2000er Jahre ging dann die Standortsuche los. Das Projekt wurde an verschiedenen Orten vorgestellt, man kam schließlich auf die Schwäbische Alb, weil dort Flächen günstig zu haben wären.

Wie wurde das Grundstück gefunden?

Herr Geurten kam letztlich mit seiner Anfrage zu Herrn Zwick, dem Bürgermeister von Meßkirch. Im Gegensatz zu vielen anderen Bürgermeistern der Umgebung, die diese Idee sofort verworfen haben, hat er sich damit befasst. Er hat dann seinen ganzen Gemeinderat eingepackt, und sie sind alle nach Guédelon gefahren. Sie haben gesehen, wie es im Nirgendwo zur Riesen-Touristenattraktion selbst für die Pariser geworden ist und dass das die Chance sein kann. Denn wir haben hier in der Region wenig Industrie. Wir haben ein paar tolle Mittelständler, aber das ist einfach ein bisschen am Aussterben.

Erhalten Sie öffentliche Unterstützung?

Wir haben die Stadt Meßkirch, die uns zur Seite steht. Sie hat uns über all die Jahre das Grundstück kostenlos überlassen und unser Defizit am Ende des Jahres ausgeglichen. Denn wir brauchen ja viele Mitarbeiter und die Besucherzahlen steigen erst im Laufe der Zeit.

Denken Sie, dass sich Campus Galli irgendwann selbst trägt?

Ich gebe die Hoffnung nicht auf – wir kämpfen permanent dafür. Das Problem beim Tourismus ist ja ein bisschen, dass das Geld an einer anderen Stelle rauskommt, als Sie es reingeben. Es ist schwer messbar, was hier an Übernachtungen und Zusatz-Umsätzen in der Region generiert wird, seit es uns gibt. Deswegen kann man darüber streiten, ob das Projekt wirtschaftlich ist oder unwirtschaftlich.

Haben Sie ein museumspädagogisches Ziel?

Na klar. Wir haben hier einen Bildungsauftrag in mehrerer Hinsicht. Einmal den historischen: Eine Zeit zu illustrieren oder darzustellen, über die man extrem wenig weiß. Wenn es um das Frühmittelalter geht, dann wird über die Wikinger gesprochen, die bei uns hier in Süddeutschland aber überhaupt keine Bedeutung hatten. Die Gefahr ist immer, wenn man aufgrund einer dünnen Quellenlage gar nichts macht, dann spinnen sich die Leute selbst ihr Bild zusammen. Zweitens ist uns das Thema Handwerk ganz wichtig. Wir wollen Wertschätzung schaffen und traditionelles Handwerk bewahren.

Wie lange könnte das Projekt dauern?

Ich spreche nur noch von vielen Jahrzehnten, weil wir uns da gar nicht genau festlegen wollen oder können.