Hintergrund - Erfolge und Fehler

16.01.2020 UPDATE: 16.01.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 50 Sekunden

Erfolge und Fehler

Bernd Scheifele ist ein Mann der klaren Werte und der klaren Worten. Offen redet er über sich und seinen Werdegang, über die Dinge, die ihn geprägt haben – und spart dabei auch die dunklen Stunden nicht aus. So kommt er auch gleich auf den schwierigsten Moment in seinem Berufsleben zu sprechen: den 5. Januar 2009 – den Tag, als Adolf Merckle Selbstmord beging.

Merckle war ein enger Vertrauter Scheifeles. Er hatte den jungen Anwalt erst zu seiner Firma Ratiopharm geholt, später zum Mannheimer Pharmagroßhändler Phoenix, der zu Merckles Firmenimperium gehörte. 2004 machte Merckle den erst 46 Jahre alten Scheifele zum Aufsichtsratschef von HeidelbergCement, wo Merckle Großaktionär war; ein Jahr später zum Vorstandsvorsitzenden.

Schon damals ging es um ein Thema, das Scheifele über die Jahre immer wieder begleiten sollte: die Effizienz. "Das Unternehmen war kein Sanierungsfall, aber es war klar, dass wir bei der Effizienz erhebliche Rückstände hatten", wie er einmal im Gespräch mit der RNZ sagte. Er schaffte es schnell, den Abstand zur Konkurrenz zu verkleinern und den Konzern auf die Überholspur zu bringen. Dann kam der Herbst 2008.

Die Finanzkrise traf die Weltwirtschaft hart, das bekam auch HeidelbergCement zu spüren. Weltweit brachen die Zementabsätze dramatisch ein. "Einen solchen Einbruch hatten wir nicht für möglich gehalten", so Scheifele.

Auch das Firmenimperium von Adolf Merckle geriet schwer ins Wanken. Am 5. Januar 2009 beging der Unternehmer an seinem Wohnort in Blaubeuren Selbstmord. "Sein Tod war schlimm", sagt Scheifele nun. "Ich habe mir damals Vorwürfe gemacht, weil der Kontakt zwischen Herrn Merckle und mir aufgrund der Finanzkrise abgebrochen war ." Zwar habe er immer wieder versucht, Kontakt mit ihm aufzunehmen. "Aber wahrscheinlich wäre es im Nachhinein besser gewesen, ich wäre einfach mal nach Blaubeuren gefahren und hätte an die Tür geklopft. Das habe ich nicht gemacht. Und das war sicherlich ein Fehler."

Trotz der menschlich schwierigen Zeit trug er Verantwortung für drei Unternehmen: Ratiopharm, Phoenix und HeidelbergCement. Im Rückblick spricht er von schwierigen Verhandlungen mit den Banken. "Aber alle drei Unternehmen haben Gewinne gemacht. Es war kein operatives Problem, es war ein Finanzierungsproblem. Deswegen haben die Banken nachher die Kredite verlängert."

Schon während dieser Krise hatte Scheifele bereits das nächste Ziel im Blick: Kapital aufnehmen und HeidelbergCement in den Dax bringen. Keine leichte Aufgabe. Denn kurz vor der Finanzkrise hatte HeidelbergCement den Konkurrenten Hanson für rund 14 Milliarden Euro übernommen. Den Zeitpunkt der Übernahme nennt Scheifele im Rückblick "schwierig". Doch mit einer Kapitalerhöhung, erfolgreichen Verhandlungen mit Banken und einem rigiden Sparplan brachte Scheifele das Unternehmen wieder auf Kurs. 2010 schaffte HeidelbergCement den Einzug in den Dax, wo der Baustoffkonzern bis heute gelistet ist.

Und dennoch: "Wir haben immer versucht, den mittelständischen Charakter aufrecht zu erhalten", sagt der Chef eines der größten Baustoffkonzerne der Welt. Die Nähe zum Geschäft, zu den Kunden, zu den Mitarbeitern ist ihm wichtig. Von vielen Hierarchie-Ebenen im Unternehmen hält er nichts. "Distanz ist immer ein Problem", meint er. (kla)