Hintergrund: Asylantrag hatte keine Chance

Gericht wies Klage von Familie ab - Ministerium bleibt vage

23.09.2020 UPDATE: 24.09.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 29 Sekunden

Gericht wies Klage von Familie ab - Ministerium bleibt vage

Gleich bei ihrer Ankunft in Deutschland stellte Familie Gürel einen Asylantrag. Als im türkischen Istanbul lebende Kurden alevitischen Glaubens hofften sie hierzulande auf eine Anerkennung als Flüchtlinge. Sie schilderten dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Erlebnisse, wonach sie in ihrer Heimat wegen ihres Glaubens und der politischen Einstellung ihrer Verwandten wiederholt beschimpft, ausgegrenzt und sogar geschlagen worden seien.

Doch der Antrag auf Asyl wurde bereits 2018 abgelehnt, wogegen die Familie vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe klagte. Die Klage jedoch wurde abgewiesen. Der RNZ liegen Auszüge des entsprechenden Urteils vom März dieses Jahres vor. "Schutz (...) kann nur derjenige beanspruchen, der Verfolgung bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat", heißt es darin unter Verweis auf die "Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft" nach dem Asylgesetz. So stellte das Gericht fest, dass in der Türkei "alevitische Häuser" zwar "immer wieder mit abfälligen oder türkischnationalistischen Parolen beschmiert" würden und "Übergriffe auf Aleviten oder nicht muslimische Vertreter vereinzelt" stattfänden. Jedoch sei "die Zahl der tätlichen oder gar tödlichen Übergriffe aus religiösen Motiven rückläufig", heißt es in der Begründung weiter. Die Feststellung, dass die Familie zudem nicht "subsidiär schutzberechtigt" sei, erklärte das Gericht so: "Den Klägern droht in der Türkei nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe."

Angesichts der zahlreichen Beschreibungen der Familie Gürel als "gut integriert" einerseits und ihrer diskriminierenden Erlebnisse in der Türkei andererseits fragte die RNZ beim baden-württembergischen Innenministerium nach, wo auch über das Härtefallgesuch entschieden worden war. Dort bittet man allerdings um Verständnis, "dass aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Angaben zum konkreten Einzelfall gemacht werden können". Ministeriumssprecher Dominik Schuler erklärte das Vorgehen bei der "zwangsweisen Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer" mit gesetzlichen Voraussetzungen, die "eine individuelle Prüfung" vorsähen, "ob die konkrete Situation eine Abschiebung zulässt oder ob aus humanitären Gründen eine Legalisierung des Aufenthalts erfolgen kann".

Auf die Frage, in welchen Fällen allgemein türkische Asylbewerber überhaupt eine Chance auf eine dauerhaften Verbleib in Deutschland hätten, sagte Schuler: "Es können keine pauschalen Angaben gemacht werden, wann abgelehnte Asylbewerber mit türkischer Staatsangehörigkeit eine Duldung oder ein Bleiberecht erhalten können. Es bedarf hier stets einer Einzelfallprüfung." Offenbar überzeugte der "Einzelfall" der Familie Gürel das Ministerium nicht ... (luw)