Heidelberg

Warum nannten ihn alle "Munke"?

23.04.2018 UPDATE: 23.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 19 Sekunden

Ludwig Schmidt-Herb (v.l.) stellte im Beisein von Renate Hammerstein, Schwester von Rainer Motz "Munke", und Autor Hans-Jürgen Kotzur das Buch vor. Foto: Popanda

Warum nannten ihn alle "Munke"?

Weshalb wurde der in Rohrbach lebende und schaffende Künstler Rainer Motz immer nur "Munke" genannt? Auch mit dieser Frage beschäftigte sich Ludwig Schmidt-Herb als ausgewiesener Kenner der Rohrbacher Geschichte und von zig Rohrbacher Geschichten bei der Vorstellung des neuen Buches "Heiter bis makaber - Die Bilderwelt des Heidelberger Malers Rainer Motz - Munke"

Schmidt-Herb lieferte dem Publikum im vollen, oder zutreffender: fast schon überfüllten Saal des Alten Rathauses drei mögliche Erklärungen für diesen Uznamen. Recht sicher zu kurz greifen dürfte sein Verweis auf den "Zirkus Munkepunke", denn dieser hatte allem Anschein nach erst zu Beginn der achtziger Jahre in der DDR im Kinderbuch und auf Schallplatte für Furore gesorgt.

Doch gab es laut Schmitt-Herb auch noch einen gewissen Alfred Richard Meyer. Dieser von 1882 bis 1956 lebende Lyriker und Schriftsteller veröffentlichte seine Werke unter dem Namen "Munkepunke", darunter 1921 ein Buch mit dem beeindruckend wortakrobatischen Titel: "Des Herrn Munkepunke Polychromartialisches, antierotischrückendes, philopolemineralogisches, altalkoholgigantisches, geographischeherezadisches, peripathermästhesiometrisches, anthropophilatelistisches, internationasales, kontramunkepunkiertes Gemisch-Gemasch und andere Texte". Da könnte sich zweifelsohne schon eher eine griffige Verbindung von "Munkepunke" zu "Munke" andeuten, zum einen in Sachen Phantasie und zum anderen, was die Zeitläufte anbelangt. Denn Rainer Motz kam am 19. August 1934 in Heidelberg als ältester Sohn von Lisl und Carl Motz zur Welt.

Bliebe noch Schmidt-Herbs dritter Ansatz, ein zur Zeit des Nationalsozialismus aktiver "Piratensender namens ‚Munke-Punke‘". Tatsächlich informierte beispielsweise der "Hamburger Anzeiger" seine Leserschaft am 26. November 1934 und damit gut drei Monate nach der Geburt von Motz hierüber: "Bekanntlich wird in Ostpreußen und im Memelgebiet der deutsche Rundfunkempfang durch litauische Schwarzsender gestört", darunter einer namens "Munke-Punke". Doch seit drei Tagen, berichtete das Blatt weiter, "meldet sich der Schwarzsender ‚Munke-Punke‘ nicht mehr! Er ist anscheinend von den Behörden gefunden worden". Nun vermutet Schmidt-Herb, dass es dem Vater von Motz "vielleicht wichtig war, ihm diesen Widerstandsnamen zu geben." Letztlich gilt für das Rätsel, weshalb Motz zeitlebens unter "Munke" firmierte, wohl jenes berühmte Brecht-Zitat, mit dem "Bücherpapst" Marcel Reich-Ranicki stets die TV-Sendung "Das literarische Quartett" zu beenden pflegte: "Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen". (pop)