In normalen Zeiten ist die Verkehrsbelastung rund um Walldorf enorm, vor allem auf der sogenannten „Monsterkreuzung“ geht zu den Hauptverkehrsknoten fast nichts mehr. Foto: Pfeifer
Walldorf. (rö) Aktuell, in Zeiten der Corona-Pandemie, ist der motorisierte Verkehr eins der kleineren Probleme, selbst rund um die Walldorfer "Monsterkreuzung" (L 723/B 291/L 598) gehören die täglichen Staus zur Hauptverkehrszeit plötzlich nicht mehr zur Tagesordnung. Da aber niemand davon ausgeht, dass dieser Zustand auch nach COVID-19 anhält, beschäftigte sich der Gemeinderat der Astorstadt in seiner letzten Sitzung vor der notgedrungenen Corona-Pause (die zunächst für März und April gilt) wieder einmal mit Lösungen zur besseren Erreichbarkeit des Industriegebiets sowie zur Verkehrsentlastung der Anschlussstelle zur A 5 und eben der Monsterkreuzung. Hintergrund sind die Planungen des Regierungspräsidiums, die A 5 auf Gemarkung Walldorf sechsspurig auszubauen und zu erneuern, was in den Jahren 2022 bis 2025 geschehen soll.
"Das Verkehrssystem stößt an seine Grenzen", sagte Stadtbaumeister Andreas Tisch mit Blick auf die Belastung in den Spitzenstunden. Zumal man davon ausgehe, dass "noch eine Zunahme erfolgen" wird – allein bei SAP steht die Schaffung weiterer 3000 bis 4000 Arbeitsplätze am Standort Walldorf im Raum. Deshalb, so Tisch, müsse man das Verkehrssystem "ertüchtigen". E
in früherer Wunsch des Gemeinderats, auf Höhe des Bründelwegs eine weitere Autobahnausfahrt zu schaffen, um den Verkehr früher in Richtung Industriegebiet und auch nach St. Leon-Rot von der A 5 abzuleiten, wurde vom Verkehrsministerium und dem Regierungspräsidium abgelehnt – hier würden die Abstände zwischen Ein- und Ausfahrt nicht den Vorschriften entsprechen. Deshalb hat die Verwaltung inzwischen in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Büro PTV verschiedenen Möglichkeiten einer Lösung entwickelt, "um ins Gespräch zu kommen, bevor alles final ist". Der Gemeinderat sprach sich unter mehreren Alternativen mehrheitlich für den Bau einer Querspange vom Autobahnanschluss West zur Roter Straße (L 598) in Verbindung mit einer zusätzlichen Autobahnauffahrt in Richtung Heidelberg aus. Das letzte Wort hat aber auch hier das Regierungspräsidium.
Im Zug des A5-Ausbaus soll es hier Verbesserungen geben: Vom Plan des Regierungspräsidiums, die A 5-Anschlussstelle zum Vollknoten auszubauen und gleichzeitig die Monsterkreuzung umgestalten, hält man in Walldorf jedoch wenig. Plan: StadtDer Stadtbaumeister sprach von einer Entlastung von 16 Prozent des Verkehrs, der sonst über die Monsterkreuzung fährt. Man würde eine Entlastung für den Autobahnverkehr aus Richtung Heidelberg bringen und gleichzeitig wäre der Verkehr aus Rot dank der früheren Einleitung auf die Autobahn ebenfalls "weg". Dabei habe sich der Ausschuss für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr dafür ausgesprochen, die neue Straße weitgehend auf der östlichen Seite der A 5 verlaufen zu lassen, um das "große Feld" nur geringfügig zu tangieren.
Vom Regierungspräsidium war bereits Anfang 2019 ein Vollknotenausbau der A 5-Anschlussstelle mit Umbau der Monsterkreuzung als mögliche Lösung angesprochen worden. Davon hält man in Walldorf wenig, wie Tisch deutlich machte: Die stark frequentierten Verkehrsflächen würden näher an die Wohnstadt und vor allem ans Neubaugebiet Walldorf-Süd heranrücken, man sieht eine sehr hohe Flächenversiegelung und auch sehr hohe Kosten für einen Brückenneubau an der Anschlussstelle. "Diese Variante wäre der Supergau für Walldorf", meinte Bürgermeisterin Christiane Staab. Sogar schlimmer noch wäre ein Umbau der Monsterkreuzung selbst samt der dann notwendigen Umleitungen und Sperrungen: "Wir würden jahrelang die Verkehrsströme ins Chaos führen", sagte Andreas Tisch.
Mathias Pütz (CDU) erklärte, die hohe Verkehrsbelastung mache es notwendig, neben dem Ausbau des ÖPNV und der Radwege "auch das Straßennetz zu ertüchtigen". Von der Hoffnung auf eine zusätzliche Autobahnausfahrt am Bründelweg habe man sich inzwischen "quasi verabschiedet", nun befürworte man den Bau einer Querspange mit einem möglichst geringen Eingriff im Bereich des "großen Feldes". Pütz zeigte sich zuversichtlich: "Das wird zu einer spürbaren Ertüchtigung führen."
Manfred Zuber (SPD) sprach die "große Unfallgefahr" an, die durch den regelmäßigen Rückstau an der Autobahnausfahrt Walldorf aus Richtung Heidelberg entstehe. "Es muss dringend etwas gemacht werden, um die Kreuzung zu entlasten", sagte er. Da eine neue Ausfahrt "nicht machbar" sei und der Umbau der Monsterkreuzung "für Walldorf keine Lösung" darstelle, unterstütze die SPD den Bau einer Querspange und die zusätzliche Auffahrt am Bründelweg. "Das kommt der Idee einer zweiten Anschlussstelle ziemlich nahe", meinte Zuber.
Verwaltung und Gemeinderat favorisieren den Bau einer Querspange vom Autobahnanschluss West zur Roter Straße (L598) in Verbindung mit einer zusätzlichen Autobahnauffahrt in Richtung Heidelberg. Plan: StadtWeiteren Straßen könne man nur zustimmen, "wenn auch die Betriebe bereit sind, Alternativen zu entwickeln", erklärte dagegen Wilfried Weisbrod (Grüne). Man sei zwar bereit, Veränderungen mitzugehen, jedoch erzeuge "jede neue Straße neuen Verkehr". Er forderte, sich "viel intensiver mit der Firma SAP zusammenzusetzen", damit auch dort auf andere Konzepte und einen verstärkten Umstieg auf den ÖPNV gesetzt werde. Dem widersprach Bürgermeisterin Christiane Staab. Der Straßenbau sei nur "ein Baustein, um der Situation Herr zu werden". Daneben seien zahlreiche andere Konzepte angedacht. Sie nannte unter anderem die Überlegungen zum Radschnellweg, die bereits neue Regiobuslinie Walldorf-Sinsheim und die zusätzlichen Waggons der S-Bahn-Züge. "Wir sind schon sehr viel weiter gesprungen und werden das auch noch tun", sagte die Bürgermeisterin.
Dr. Andrea Schröder-Ritzrau (SPD) sah in der Querspange eine Lösung, die nach dem Gutachten von PTV immerhin für "einen zähflüssigen Verkehr in den Morgen- und Abendstunden" sorgen werde und zudem nicht die Wohnbebauung "zu stark" tangiere. Der Rückstau auf der A 5 sei "absolut gefährlich", die vorgeschlagene Maßnahme "der Not geschuldet". "Mehr Straßen lösen nicht das Verkehrsproblem", sprach sich Hans Wölz (Grüne) gegen die Querspange aus, er halte einen weiteren Flächenverbrauch für nur 16 Prozent Verkehrsentlastung "für nicht vertretbar".
Die Entscheidung, dem Regierungspräsidium den Bau der Querspange vorzuschlagen, fiel mit den zehn Stimmen der anwesenden CDU- und SPD-Räte sowie der Bürgermeisterin gegen die Stimmen von Weisbrod und Wölz sowie bei drei Enthaltungen der restlichen Grünen-Fraktion. Die FDP-Fraktion war der Sitzung wegen der Corona-Pandemie geschlossen ferngeblieben.