Für jede Menge Abwechslung ist während des Walldorfer „Urlaubs ohne Koffer“ gesorgt. Foto: Agnieszka Dorn
Von Klara Gaßner
Walldorf. Schon auf den ersten Blick sieht man: Da steckt Arbeit drin. Bereits seit Montag basteln drei Mädchen aus der "Füchse"-Gruppe des "Urlaubs ohne Koffer"-Ferienprogramms der Stadt Walldorf an ihrem Lager, verzieren die Äste mit bunten Kordeln, die sie am Basteltisch gefertigt haben, und fegen den Boden – denn alles muss seine Ordnung haben. Dass sie und die anderen Kinder auf dem Gelände an der Walldorfer Reservistenhütte im Rahmen des "Urlaubs ohne Koffer" auch dieses Jahr wieder Lager bauen, spielen und basteln können, ist nicht selbstverständlich.
Bei der Ferienbetreuung der Stadt können die Kinder unter anderem Lager im Wald bauen, Karten spielen oder basteln. Foto: Agnieszka DornDenn nicht viele Gemeinden haben es geschafft, trotz der Coronaregeln ein Betreuungsangebot für die Sommerferien auf die Beine zu stellen: "Uns war aber wichtig, etwas anzubieten. Es war klar, dass wir alles tun, damit es klappt", betonte die Walldorfer Bürgermeisterin Christiane Staab. "Mit einem guten Hygienekonzept ist doch schon vieles möglich" und so ist auch dieses Jahr der "Urlaub ohne Koffer" für viele Kinder ein Highlight, auch wenn die letzten beiden Wochen mit dem Fehlen des "Zeltspektakels" dieses Jahr anders aussehen. Die ganzen Sommerferien über werden pro Woche zwischen 40 und 60 Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren betreut.
Bezahlt wird mit Eicheln
Was sich nach viel anhört, war in den letzten Jahren sogar noch mehr: "Wir haben uns, was die Teilnehmerzahlen angeht, in diesem Jahr aufgrund von Corona halbiert", berichtete Jeanette Zeiher vom Jugendzentrum "Jump". Das zahlenmäßig sowieso schon eingeschränkte Teilnehmerfeld wird zusätzlich in drei Gruppen unterteilt, um Kontakte so gut wie möglich zu reduzieren.
Die Tische an der Grillhütte und sogar das Waldstück dahinter sind deshalb in "Füchse", "Eichhörnchen" und "Igel", so die Namen der drei Gruppen, unterteilt. Und so verschwinden die Kinder morgens nach der Ankunft schnell in "ihr" Waldstück: "Manchmal bekommt man sie erst zum Mittagessen wieder zu Gesicht", lachte Anne Malcherek vom "Jump". So auch eine Jungsgruppe, die schon viele Stunden an ihrem Lager baut – und das mit Erfolg: Das Dach haben sie zum Schutz vor Regen mit Blättern abgedeckt und eine Geländerkonstruktion ziert den Eingang. Sogar eine Hängematte wurde von ihnen installiert: "Die ist noch ganz neu. Die andere ist leider vorhin zusammengekracht", erzählten sie kichernd. Der Plan für die beeindruckende Konstruktion des Lagers war schnell aufgestellt, die Jungs sind nämlich schon "Urlaub ohne Koffer"-Profis und haben "das die letzten Jahre nämlich auch schon so gemacht", wie sie stolz berichteten.
Nur ein paar Meter hinter diesem Lager entsteht der Laden "Natürliche Waren" von Cassandra und Charlotte. Für drei Eicheln, das ist die Währung der kleinen Boutique im Wald, kann man bemalte Holzstücke oder kleine selbst gebaute Boote erwerben – doch nur, solange der Vorrat reicht. Und das Geschäft läuft gut.
Foto: Agnieszka DornEine weitere Gruppe hat sich aus Stöcken, Stämmen und Zweigen einen Minigolfplatz gebaut – am Eingang steht sogar ein Holzstamm als "Computer", der für die Anmeldung genutzt wird.
Doch auch die Unternehmer von den "Natürlichen Waren" und die Betreiber des Minigolfplatzes brauchen zwischendurch eine Stärkung. Für das warme Mittagessen gehen die drei Großgruppen einzeln, im Fünf-Minuten-Takt, in die Mensa des Schulzentrums und essen gemeinsam – aber trotzdem jede an ihrem eigenen Tisch.
Nach der Mittagspause wollen die Kinder schnell wieder zurück zur Grillhütte, nicht nur zum Lagerbauen, auch Spiele, darunter das Kartenrollenspiel "Werwolf", sind stark gefragt. Insgesamt gibt es drei Kisten mit Bällen, Kartenspielen und anderem Spielzeug. "Die müssen immer drei Tage in einem rotierenden System ,in Quarantäne’ und werden desinfiziert", so Anne Malcherek.
Außerdem unterstützt die Stadtbücherei Walldorf die Aktion auch dieses Jahr mit einigem Lesestoff, den so manche Teilnehmer mit in ihr Versteck im Wald nehmen, um dort ungestört in die Welt der Fantasie abtauchen zu können. Die Betreuer bieten auch Mitmachaktionen wie gemeinsames Basteln für ihre Gruppen an, jedoch ganz nach dem Motto "Alle können, aber keiner muss".
Christiane Staab lobte alle, die am "Urlaub ohne Koffer" beteiligt sind und bedankte sich für das große Engagement aller Mitarbeitenden. Gerade in diesem Krisenjahr biete dies eine besondere Entlastung für die Eltern: "Die Kinder waren durch das Virus lange zu Hause eingesperrt und haben sich sehr auf die Aktion gefreut", meinte Staab. Und auch Jeanette Zeiher resümierte: "Das ist eine unbeschwerte Zeit für die Kinder und das brauchen sie."