Nach dem Kanu-Abenteuer in der kanadischen Wildnis stehen Stefan und Sabrina Krähmer vor der Skulptur eines Pelzhändlers. Foto: privat
Mühlhausen. (rka) Der wilde, wunderschöne und unberührte Missinaibi River ist einer der längsten natürlichen Flüsse in Nordamerika und ein Dorado für erfahrene Kanufahrer. Als solcher unternahm Stefan Krähmer gemeinsam mit seiner Tochter Sabrina im September 2018 eine Kanufahrt entlang einer der berühmtesten Wasserscheiden Kanadas, wo früher Pelzhändler im hohen Norden Ontarios unterwegs waren. Jetzt konnte Kolpingssenior Rudi Becker die beiden zu einem Bildervortrag in der Bernhardushalle begrüßen, wo sie über ihre abwechslungsreichen Paddelerlebnisse berichteten.
"Die zehn Tage auf dem ungezähmten Wasser waren eine echte Herausforderung, eine Mischung aus Schwerstarbeit und unbezahlbaren Erlebnissen", so Stefan Krähmer. Die ständigen Stromschnellen waren allesamt herausfordernd, die Wasserfälle atemberaubend, die Strecken, an denen das Gepäck samt Kanu getragen werden musste, anstrengend, die Insekten intensiv, das Wetter wechselnd. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen und schenkte dramatische Landschaftskulissen. Eines machte Krähmer klar: "Als Kanufahrer sollte man Erfahrung im Wildwasser haben, bevor man sich an diese Route wagt."
Wichtig für die beiden war vor allem die Frage: Was soll man an Ausrüstung und Proviant mitnehmen? "Die minimalste Ausrüstung ist noch zu viel", stellte der Kanufahrer fest. Denn wie bereits erwähnt, mussten oft die komplette Ausrüstung und das Boot auf schmalen, holprigen Pfaden um Stromschnellen und Wasserfälle getragen werden: Das waren nicht weniger als 34 Kilogramm über Stock und Stein auf einer Strecke von 4,5 Kilometern. Dazu kam zu dieser Jahreszeit ein sehr niedriger Wasserstand, was den Paddlern durch ein Labyrinth von Steinen und Felsen das Vorwärtskommen erschwerte. An manchen seichten Stellen musste das Boot sogar gezogen werden.
Die Bodenberührungen, Ecken und Kanten waren für den Faltkanadier schließlich doch zu viel, sodass eine eigenhändige Reparatur notwendig wurde. Trotzdem sah Stefan Krähmer vor allem die positiven Seiten des Abenteuers: "Die goldenen Momente der Begegnung mit der Natur glichen die Schwierigkeiten bei Weitem aus." Solche Glücksmomente gab es in Hülle und Fülle, vor allem, wenn das "goldene Licht" der aufgehenden Sonne für mystische Stimmungen sorgte. Nach einem anstrengenden Tag wurde am Abend immer ein passender Zeltplatz gesucht, in der Nähe Holz gesammelt, ein Lagerfeuer entzündet und das Essen zubereitet. Auf dem Speiseplan standen beispielsweise Spiegeleier mit Kartoffeln und zum Frühstück der traditionelle Bannock, eine Art Fladenbrot aus der Pfanne. In eindrucksvollen Bildern hatte Stefan Krähmer die Abendstimmung samt untergehender Sonne mit seiner Kamera eingefangen.
Immer wieder genossen Stefan und Sabrina Krähmer die Stille der Landschaft, nur von Zeit zu Zeit unterbrochen durch Geräusche aus der Natur und von Tieren. "Respekt, aber keine Angst", so der Kommentar von Krähmer, als ganz in der Nähe ein Schwarzbär auftauchte. Zum Glück zog er nur vorbei und nahm keine Notiz von den Paddlern. "Er wird schon nicht wieder kommen", so Sabrinas Hoffnung. Deshalb schlug man am Ort der Begegnung das Zelt auf. Bizarre geologische Formationen trugen zur Schönheit der Landschaft bei, so wird bei den Thunderhouse Falls der Fluss durch einen Engpass getrieben und stürzt stufenweise durch eine steile Schlucht in einen schäumenden Wasserkessel. Durch Kartenstudium war man auf Stromschnellen und Wasserfälle vorbereitet und hatte Freude daran, die fahrbaren Passagen zu bewältigen. Freude auch kam auf, als nach etlichen Tagen der Plagerei der Wind einsetzte und man das selbst gebaute Segel einsetzen konnte. Nach schweißtreibender Arbeit stand ab und an ein erfrischendes Bad im kalten Fluss auf dem Programm.
Gegen Ende der Reise vereinigten sich zwei Flüsse, erste Zeichen der Zivilisation wurden sichtbar, in der Ferne tauchte eine Eisenbahnbrücke auf, hinter der es eine Zusteige-Möglichkeit in die Stadt gab. Aber in der Wildnis gab es eine Besonderheit: Der Zug musste durch kräftiges Winken zum Halten gebracht werden. So erreichten Vater Stefan und Tochter Sabrina nach zehn eindrucksvollen Tagen und 250 Kilometern auf dem Fluss das Ziel, die Stadt Moosonee am James Bay.
Den ganzen Vortragsabend hindurch war Stefan Krähmers Begeisterung für Land und Leute spürbar und so berichtete er auch zwischendurch von Begegnungen mit den Einheimischen, den Cree-Indianern, einem Volk, dessen Stammesgebiet von den Rocky Mountains bis zum Atlantischen Ozean reicht. Weitere Informationen gab es zum früheren Pelzhandel, als in den ausgedehnten Wäldern Kanadas Handel mit Biber, Marder, Hermelin, Otter, Luchs und anderen Pelztieren getrieben wurde. Am Ende des Abends dankte Kolpingssenior Paul Hotz für einen hoch interessanten Lichtbildervortrag.