Der "Weschwie’sch-Män" in Aktion: Christian "Chako" Habekost auf der Bühne des Wieslocher Palatins. Foto: Pfeifer
Von Gertraude Zielbauer
Wiesloch. Wenn Ihnen beim Straßenfest in der Pfalz ein Eingeborener, ermutigt durch etliche Schoppen Wein, ausführlich den Lauf der Welt erklären will, versieht er seine Rede gern mit einem "Weeschwie’sch män?", auf Deutsch: "Weißt du, wie ich’s meine?" Oder in Kurzform: "Nicht wahr?" Dann tun Sie ihm doch einfach den Gefallen und bestätigen ihm das mit einem kräftigen "Hajoo"!
Der Mannheimer Comedian Christian "Chako" Habekost, anerkannter Meister des niveauvollen Humors und leidenschaftlicher Kämpfer für den Pfälzer Dialekt, schlüpft mit seinem neuen Soloprogramm in die Rolle dieses "Weeschwie’sch Män" und tritt damit nun schon zum zweiten Mal im Palatin auf. Die erste Vorstellung war im Handumdrehen ausverkauft und sein Wieslocher Publikum will er halt einfach nicht enttäuschen.
Die Bühne ist in üppiges Rot-Blau getaucht, einige Stühle und ein Stehtisch in Dubbeglasform (Dubbeglas = Weinglas mit Tupfenprägung) genügen als Requisiten. Der Chako muss zunächst einmal "gugge, wer so alles doo is", und macht im Publikum die üblichen Verdächtigen aus: die "Freiwilligen" und die, die mitgemusst haben. Die Frauen mit ihrer herzhaften Lachbereitschaft und die Männer mit den eisernen Prinzipien ("Ich lach’ net, solang kein Keller doo is!"). Und seine besonderen Freunde: die Lehrer. Nein, gegen die hat er nichts. Einer von ihnen wohnt sogar - ach - in seiner Brust, wenn er gerade ein neues Programm vorbereitet. Der greift korrigierend ein, wenn das sprachliche Niveau des promovierten Germanisten Habekost in Gefahr ist. Aber da ist auch noch der bodenständige, einfach gestrickte Typ. Der lacht nur zu gern über Zotiges, und wenn die beiden im Clinch liegen, hat der Chako "awwer so ebbes vunn Stress"! Weeschwie’sch mään?
Nachdem jetzt Grundlegendes geklärt ist, geht’s in die Vollen, und der Pfälzer Comedian lässt den "Reverend", den amerikanischen Bibelprediger, per TV die Erschaffung der Welt erklären: "Am achte Dag schuf der Herr die Dialekte un verteilte sie unter die Völker. Awwer am End hot one little People koi Sprooch g’hat. Da sprach der Herr: Pienz’ net rumm, dann babblsch halt ääfach wie ich!"
Die Pfalz, dieses "Land zwische Katzebuckl un’ Katzeberger", als Gottes eigenes Land? Und das Pfälzische als Gottes eigene Sprache? Da ist was dran, zumindest, wenn Christian Habekost sie zelebriert: elegant, souverän, sattelfest über alle grammatischen Hürden hinweg. Und dabei in so halsbrecherischem Tempo, dass seinem Publikum die Ohre schlackern. Wenn er’s dagegen langsamer angehen lässt, tritt seine poetische Ader hervor: "Ä Land, wu sou viel Reewe lewe, die sou literarisch senn, dass mer sie lese kann, wu Elwedritsche ernschter g’numme werre wie Politiker", das ist sie, die Pfalz.
Oder die Kurpfalz? Ja, was ist eigentlich der Unterschied zwischen den beiden? Grob gesagt, ist der Rhein die Grenze: links die Pfalz, rechts die Kurpfalz. "Awwer babble dunn’ die all’ ziemlich unverständlich fer die Außergewärdische": Sitzen ein Kurpfälzer und ein Pfälzer im ICE nach Hamburg und "babble ohne Punkt un’ Komma". Nach fünf Stunden, im Hamburger Hauptbahnhof, sagt der Schaffner zu ihnen: "Zur Asylbehörde geht’s hier lang ..."
Womit wir bei den Themen sind, "wu mer uffbasse muss, was mer sagt". Der Chako hat da für sich eine pragmatische Lösung gefunden: "Also, mein Masseur Achmed is’ en feiner Kerl. Unn des Beschde: Er is’ kän Schwoob!" Zudem gilt auch hier die Devise: "Dummheit kennt kä Grenze, awwer verdammt viel Leut’!"
Im weiteren Verlauf nimmt der Pfälzer Comedian auch die modischen Wellnesstrends, den Allergie-Hype und die peinlich jungen Rentner aufs Korn. Das sind Typen, die den aufgemotzten "Opel Viagra" fahren und sich dazu ein Tatoo "Marke Methusalem" stechen lassen. Sowas kann dem Chako , dem bekennenden Vertreter der "Boom-Tscheneräischen", nicht passieren.
Nun aber endlich zu den beiden unbestrittenen Sahnestückchen im Programm: Da ist zunächst der "Loser-Reggae": "... jeden Trend hab’ ich verpennt un’ fühl mich doch dabei so cool, ich bin voll abgehängt ..." Das Publikum darf mitmachen und amüsiert sich königlich. Und dann schließlich die genialste Nummer: eine Pantomime über die ach so gesunden Chia-Samen, die man über Nacht einweichen muss. Wobei sie mit ungeahnter Wucht und lautem Getöse aufquellen. Sie springen aus der Schüssel, füllen - der "Zauberlehrling" lässt grüßen - die Küche und bald das ganze Haus. Und die Lehrer im Publikum stellen befriedigt fest: Der Dr. Habekost hat seinen Goethe gelesen!
Natürlich erklatschen die begeisterten Zuschauer mehrere Zugaben und am Schluss bleibt festzuhalten, dass der Chako nicht zu viel versprochen hat, als er zu Beginn sagte: "Nach zwee Stunde geht ihr alle häppy wieder hääm! Weeschwie’sch män?" Da bleibt uns nur ein herzhaftes "Hajoo!"