St. Leon-Rot. (seb) "Es geht nicht um Fremdenfeindlichkeit oder einen Widerspruch gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Es geht um die Art und Weise, wie die Entscheidung gefallen ist." Das sagte in St. Leon-Rots jüngster Gemeinderatssitzung ein Sprecher der Initiative, die nach eigener Auskunft über 400 Unterschriften gegen die Entscheidung gesammelt hat, eine Flüchtlingsunterkunft im geplanten Gewerbegebiet "Schiff II" zu errichten.
Die Kritik richtete sich gegen die Informationspolitik von Rat und Verwaltung und vor allem die Standortwahl: Nach Ansicht der Initiative hätten mehr Möglichkeiten der Anschlussunterbringung von Flüchtlingen geprüft werden müssen, auf dem Immobilienmarkt seien mehrere Häuser oder Eigentumswohnungen zu finden.
Daher sei der Bürgerantrag gestellt worden: "für eine objektiv nachvollziehbare, gründliche Diskussion aller Standorte". Man wolle "keine Sammelstelle", sondern eine dezentrale Unterbringung, hieß es.
Die Gemeindeordnung lässt laut Elke Ott vom Hauptamt den Widerspruch der Bevölkerung gegen einen Ratsbeschluss in Form dieses Bürgerantrags zu, wenn er fristgerecht eintrifft, begründet ist und genug Unterstützung erfährt - in diesem Fall sind mindestens 318 Unterschriften notwendig, drei Prozent aller Bürger.
Ob alle Bedingungen erfüllt sind, wird derzeit geprüft, es obliegt dem Gemeinderat dann, voraussichtlich in der September-Sitzung, über die Zulässigkeit des Bürgerantrags zu entscheiden. Dann kann in der gleichen Sitzung die Frage der Flüchtlingsunterkunft erneut behandelt werden - dabei besteht allerdings kein Anspruch auf eine Entscheidung im Sinne des Antrags.
Ebenfalls für mehr Transparenz seitens Verwaltung und Rat plädierte eine Sprecherin der "Bürgerinitiative Asyl", vor drei Wochen gegründet, nach eigenen Angaben mit nunmehr über 30 Mitgliedern. Zum Abbau von Ängsten müsse die Bevölkerung zum einen umfassender aufgeklärt werden, etwa durch eine umfassende Informationsveranstaltung.
Außerdem sollten mehr Kontakte zu den Flüchtlingen geknüpft werden, die bereits in St. Leon-Rot leben. Es sei wichtig, dass die Menschen wissen, dass es sich um eine Anschlussunterbringung handelt. "Es wird unserer Meinung nach so sein, dass die meisten bereits Asyl haben oder aber schon 2 Jahre in einer Gemeinschaftsunterkunft in Baden-Württemberg gelebt haben", so die "Bürgerinitiative Asyl, "damit sind sie arbeitsberechtigt - diese Menschen sind unsere zukünftigen, neuen Mitbürger."
"Unser Leitbild sollten unser Grundgesetz und unsere christlichen Werte, unser Verständnis für die Menschen sein", betonte Bürgermeister-Stellvertreterin Anneliese Runde, die für den erkrankten Alexander Eger die Sitzung leitete. Sie trat auch Befürchtungen entgegen, die Zahl der Flüchtlinge könnte etwa wie in Kirchheim enorm anwachsen: In St. Leon-Rot gehe es um die Anschlussunterbringung, nicht wie in Heidelberg um die Erstaufnahme, man erhalte die Flüchtlinge gemäß einem festen Schlüssel zugewiesen, nach aktuellem Stand werden es 24 sein.
Am Schluss der Sitzung stellte Siegfried Köck für die Freien Wähler den Antrag, auf dem Immobilienmarkt weiter nach geeigneten - dezentral liegenden - Unterkünften für Asylbewerber zu suchen und darüber hinaus auch unbebaute Grundstücke in die Betrachtungen einfließen zu lassen.