Dieser ehemalige Zirkuswagen wird vom Vorsitzenden Benjamin Keller und den Mitgliedern des Vereins „Freie Erziehungskunst Kraichgau“ umgebaut und soll dann dem Waldorf-Waldkindergarten als Rückzugsmöglichkeit dienen. Der ambitionierte Starttermin für den Kindergarten soll der 1. September sein. Foto: Berthold Jürriens
Von Berthold Jürriens und Friedemann Orths
Waibstadt/Neckarbischofsheim. "Freie Erziehungskunst Kraichgau", so lautet der Name des Ende 2020 gegründeten Vereins, der sich große Ziele gesetzt hat. "Wir sind ein Verein von Eltern und Waldorfpädagogen mit spannenden beruflichen Vorerfahrungen. Uns alle verbindet der Wunsch, für die Kinder der Region eine alternative Kindergarten- und Schulform auf Basis der Waldorfpädagogik ins Leben zu rufen", erklärt der Vorsitzende Benjamin Keller, der in Waibstadt wohnt. Im Herbst vergangenen Jahres entstand die Idee zu diesem Verein und dem alternativen Bildungsangebot. Seitdem hat der 60 Mitglieder zählende Verein nicht nur sein Netzwerk vergrößern können, sondern ist in ganz konkreten Planungen, wenn auch noch nicht für eine Waldorfschule.
"Die Umsetzung dafür ist sehr zeitintensiv und somit vorerst in das Jahr 2022 verlegt worden. Aber wir arbeiten an einem Start eines Waldorfkindergartens in Neckarbischofsheim zum 1. September dieses Jahr", erzählt der dreifache Familienvater euphorisch. Und es soll ein besonderer Kindergarten werden, der die Natur und den Wald als Entwicklungs- und Spielraum nutzen soll. "Ein Waldorf-Waldkindergarten soll es werden, der einen ehemaligen umgebauten Zirkuswagen als Rückzugsmöglichkeit bietet", erzählt Keller. Die Betreuung und Pädagogik soll, wie bei Waldkindergärten üblich, im Freien geschehen. Laut Keller sei die erste Resonanz enorm. "Wir haben rund 60 Interessierte aus der ganzen Region für unseren Waldkindergarten."
Ein möglicher Standort wurde auch schon ins Auge gefasst. "Es handelt sich um ein Gelände in Neckarbischofsheim am ,Steinigter Bergwald‘", weiß Keller zu berichten. Das Waldstück sei dem Verein von Neckarbischofheims Bürgermeister Thomas Seidelmann vorgeschlagen worden. "Ich finde die Idee eines Waldkindergartens unabhängig von der pädagogischen Ausrichtung eine tolle Sache", sagt Seidelmann gegenüber der RNZ. Er habe bereits vor der Gründung des Vereins seine Unterstützung zugesagt. "Nun benötigen wir aber auch noch konkrete Zahlen, um dies im Gemeinderat zu besprechen. Fakt ist, dass dieser Waldorf-Waldkindergarten natürlich nicht unseren geplanten Kindergarten ersetzen kann. Er könnte aber eine Ergänzung sein."
In der Stadt werde schon darüber gemutmaßt, dass der Neubau des evangelischen Kindergartens nämlich "gestorben" sei, wie ein Neckarbischofsheimer Bürger auf der vergangenen Gemeinderatssitzung berichtete. Aber dem Gerücht widersprach auf der Sitzung Seidelmann vehement: da sei "überhaupt nix dran". Im April wolle man, was die Möglichkeiten eines Neubaus an eventuell anderer Stelle angehe, eine Klausur mit dem Gemeinderat veranstalten, informierte der Bürgermeister weiter. "Der Kindergarten ist überhaupt nicht gestorben", stellte Seidelmann klar.
Den Starttermin des Waldorf-Kindergartens sieht der Verwaltungschef allerdings mit Skepsis, denn es gelte, noch vieles zu berücksichtigen und zu genehmigen, gerade was die behördlichen Auflagen in einem Waldkindergarten betreffen würde. "Diese Euphorie und der Enthusiasmus des Vereins sind bemerkenswert, ich bremse diese nur ungern. Aber es muss noch einiges geklärt werden."
Eine riesengroße Unterstützung für den Verein ist Blanca Mayer vom gleichnamigen Sägewerk, die mit ihrer Firma das Projekt auf verschiedene Art und Weise mit auf die Beine stellt. "Noch mehr Mithilfe und gemeinsamen Anstrengungen wären wünschenswert", sagt die Geschäftsführerin und spricht konkret den Bauantrag an, der für den Zirkuswagen notwendig sei. Dieser steht aktuell in Waibstadt-Bernau und soll in Eigeninitiative "grundsaniert und ausgebaut" werden, wie Keller berichtet. Wochenlang habe er das geeignete Objekt im Internet gesucht und sei beim Fund über die "ehemalige Schießbude" glücklich gewesen. "Ruhemöglichkeiten für die Kinder, ein Kücheneck, um Tee oder Essen zuzubereiten", und einen Sitzbereich soll es dann geben.
"Hier im Kraichgau lebt man an einem optimalen Standort für einen Waldkindergarten, für den wir bereits viel Zuspruch bekommen haben. Das motiviert uns für unser Projekt", ergänzt Keller. Finanziell stehe der junge Verein noch auf wackeligen Beinen und der Kauf des Zirkuswagens sei nur aufgrund einer Vorfinanzierung möglich gewesen. "Unser dafür eingerichtetes Spendenkonto sieht noch etwas mau aus. Deswegen freuen wir uns über jede Spende oder andere Art von Unterstützung."
Info: Kontakt und weitere Infos bei Benjamin Keller per E-Mail an info@fws-kraichgau.de