Als Crewmitglied der „Aida“-Flotte hat Ann-Kathrin Metzger dreieinhalb Jahre die Weltmeere befahren und sich um das Wohl der Gäste gekümmert. Auf der Landkarte hat sie mit Fähnchen markiert, an welchen Orten sie schon war. Foto: Christian Laier
Von Christian Laier
Waibstadt."Das Fernweh ist groß", sagt Ann-Kathrin Metzger, die vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie dreieinhalb Jahre lang an Bord der "Aida"-Kreuzfahrtschiffe gearbeitet hat. Was für viele nur ein großer Traum ist, war für die 30-jährige Waibstadterin die Realität. Allerdings finden wegen der Pandemie kaum noch Kreuzfahrten statt, sodass die studierte Ressort-Journalistin seit März des vergangenen Jahres "an Land" lebt und als Online-Redakteurin arbeitet.
Es ist eine Umstellung für Metzger, die zuvor acht bis zehn Monate des Jahres an Bord der "Aida"-Flotte verbrachte und als Gästebetreuerin zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen dafür verantwortlich war, dass sich bis zu 2000 Gäste an Bord wohlfühlen und im Urlaub Spaß haben. In ihrem abwechslungsreichen Job kümmerte sie sich dann um das Unterhaltungsprogramm auf dem Schiff, begrüßte tagsüber Gäste, beantwortete ihre Fragen, spielte mit ihnen Volleyball oder veranstaltete ein Quiz am Pool, bevor sie am Abend Unterhaltungsshows moderierte. "Ich mag es, mit den Gästen in Kontakt zu kommen. Wenn das Schiff zum Beispiel in den Hafen einläuft, bin ich zusammen mit den Gästen an Deck und bekomme viel mit", erzählt Metzger. Nicht immer ist die Arbeit spektakulär, oft geht es auch einfach darum, einer Seniorin das W-Lan auf ihrem Smartphone einzurichten oder bei kleineren technischen Problemen behilflich zu sein.
Vor vier Jahren reiste die junge Waibstadterin auch schon viel durch die Welt und lernte die unterschiedlichsten Menschen kennen. "Mein Ziel war es, das Reisen mit meinem Beruf zu verbinden." Metzger erinnert sich an eine Reisebekanntschaft aus Malaysia, die ihr erzählte, dass sie auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten wird. ",Aida‘ kannte ich durch Freunde, die dort schon Urlaub gemacht hatten. Auf der Website von ,Aida‘ sah ich, dass eine Bordredakteurin gesucht wurde, was perfekt zu meinem Journalismus-Studium passte. Also habe ich mich auf die Stelle beworben", erzählt die Weltenbummlerin von ihren Anfängen.
Nach dem Bewerbungsgespräch in Hamburg folgte in Rostock eine Sicherheitsschulung. "Wir trainierten dort, wie wir bei Notfällen reagieren. Dazu gehören praktische Übungen im Hafenbecken in Ganzkörperanzügen, in denen es darum geht, Menschen aus dem Wasser in eine Rettungsinsel zu ziehen." Ein Schwerpunkt sei auch das Löschen von Bränden, was die größte Gefahr für ein Schiff darstelle, weiß das erfahrene Crewmitglied.
Im Herbst 2016 durfte Ann-Kathrin Metzger zu ihrem ersten Einsatz aufbrechen und betrat mit 26 Jahren zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt ein Kreuzfahrtschiff. Es war eine Rundreise um die Kanarischen Inseln. "Es war sehr aufregend. Von den Eindrücken war ich am Anfang ein bisschen überfordert. Es hat gedauert, bis ich mich in allen Bereichen des Schiffes zurechtgefunden habe", erinnert sich die damals ganz frische Seefahrerin an diese Zeit zurück.
Auf einem "Aida"-Schiff arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus 40 Nationen, die Bordsprache der Crew ist deshalb Englisch. Ann-Kathrin Metzger startete als Bordredakteurin und gestaltete in ihrem Büro auf dem Schiff die täglich erscheinende Bordzeitung mit dem Tagesprogramm für die Gäste. Auch die Menükarten für die Restaurants erstellte sie: "Wenn in der Küche der Proviant ausging, musste kurzfristig die Karte geändert werden", erinnert sie sich an ihre Anfänge. Mit der Zeit tauschte sie den Bürojob gegen die Rolle der Gastgeberin inmitten der Gäste. "An Bord ist kein Tag wie der andere, das macht süchtig. Auf dem Wasser zu arbeiten, hat mich von Anfang an mitgerissen", weist Metzger auf die Vorzüge dieses "Traumjobs" hin. "Auch die Kameradschaft an Bord ist eine Besondere, weil man 24 Stunden am Tag zusammen ist, bei der Arbeit und in der Freizeit." Sie hatte sogar eine feste Anstellung und hat nicht von Tour zu Tour einen neuen Vertrag bekommen, wie es in der Branche oft der Fall ist. Dann kam die Pandemie, welche die Kreuzfahrtbranche bis heute kräftig durcheinandergewirbelt hat.
Während der Einsätze auf dem Schiff, die in der Regel vier Monate dauern, wohnt Ann-Kathrin Metzger meistens zusammen mit einer Kollegin in einer Doppelkabine. Diese Kabinen befinden sich weit unten im Schiff, meistens gerade noch über dem Wasser. "Seekrank war ich noch nie", bekräftigt das langjährige Crew-Mitglied. Sie darf Wünsche anmelden, auf welchem Schiff sie gerne auf welcher Tour arbeiten möchte. "Es hat bis jetzt auch immer geklappt, was großes Glück ist."
Ihre Lieblingsrouten waren Grönland mit Island, das Mittelmeer und die Karibik. "Mein Lieblingsschiff ist ,Aida‘-Diva wegen meinem absoluten Lieblingsplatz an Bord. Ganz vorne am Bug gibt es exklusiv für die Crew einen Korb, da fühlt man sich, als wäre man direkt über dem Wasser, was gerade in der Karibik sehr schön ist", macht das frühere Crewmitglied Lust auf ihren besonderen Job. Kleinere Schiffe mag sie wegen des Expeditionscharakters, weil man den Wellengang spürt und gefühlt mehr im Geschehen ist. Bei den großen modernen Schiffen findet sie das "Theatrium" beeindruckend und je größer die Schiffe sind, umso mehr Freizeitangebote gäbe es dort.
Auf ihren bisherigen Reisen gab es einige lustige Momente, zum Beispiel als ein Gast nach einer Gesangseinlage das Mikrofon gar nicht mehr hergeben wollte und mit ihr zusammen weiter moderierte und seine Lieblingswitze zum Besten gegeben hat. "Ich möchte kein Erlebnis an Bord missen. Aber nach mehr als zwei Jahren wurde es für mich anstrengender, sieben Tage die Woche gute Laune versprühen zu müssen", gibt die Weltenbummlerin zu. "Ich hatte bereits den Gedanken, wieder meinem erlernten Beruf nachzugehen, die Pandemie hat die Entscheidung dann beschleunigt." Es sei ein komisches Gefühl, nicht aktiv mit dem Schiffsleben abgeschlossen zu haben, aber vielleicht könne man das auch gar nicht, nach einer so intensiven Zeit, blickt Metzger auf ihre Tage auf den Weltmeeren zurück.
Ihr Reisefieber, so sagt sie, sei unheilbar und von der Welt wolle sie noch viel sehen. "Ein Roadtrip irgendwo an der Küste wäre toll und dann winke ich den Schiffen", freut sie sich auf den Moment, wenn das wieder möglich ist.
Info: Wer sich für die Reise-Impressionen von Ann-Kathrin Metzger in Form von Fotos und Videos interessiert, findet diese auf Instagram unter @annkathrin_weltverliebt.
Einmal Karibik und zurück bitte. Die Kreuzfahrtschiffe mit dem auffälligen Gesicht, liegen oft am Hafen in Antigua. Foto: privat