Der Kreisverkehr in der Strombergstraße ist eine Schlüsselstelle der Sperrung. „Bei jeder Baustelle gibt es auch Betroffene – leider“, sagt Baudezernent Tobias Schutz. Foto: Julian Buchner
Von Tim Kegel
Sinsheim. Raunen im Asphalt-Dschungel der Neulandstraßen-Sperrung: An welchen Stellen es wegen des Kreisverkehr-Baus nicht rund läuft, wurde am Dienstag in der Gemeinderatssitzung ausgiebig geschildert. Die Verkehrssituation in der Südstadt, die sich auch in Teilen des Sinsheimer Westens und Ostens bis Steinsfurt bemerkbar macht, tauchte als Einstieg in den Abend noch einmal auf.
Die Nerven liegen blank, den Planern ist der Stress allmählich anzusehen, die Reaktionen sind bisweilen dünnhäutig – und grundmenschlich: "Wir hören diese Fragen auch", sagte Baudezernent Tobias Schutz, "im Baudezernat, im Ordnungsamt, im Bürgerbüro, im Hauptamt, vor Ort – und das mehrmals täglich." Mehrmals wöchentlich treffe man sich schon mit Polizei- und Behördenvertretern, um über die Erfahrungen mit der bis zu achtmonatigen Umleitung zu sprechen, über die mehrfach berichtet wurde. Seit einer knappen Woche ist die Baustelle in Betrieb.
Es kristallisierte sich während der Gespräche heraus, dass man im Rathaus durchaus noch andere Ideen zur Verkehrslenkung im sensiblen Stadtein-, -um- und -ausfahrtsbereich zwischen Friedrich-, Schwarzwald- und Stromberg-, Dührener-, Jahn- und Steinsbergstraße gehabt hätte, die aber an den Fachmeinungen der Polizeiverkehrsbehörde gescheitert seien.
Vor allem vonseiten der SPD-Fraktion wurde einiges moniert, hier sitzen zwei, wenn nicht gar drei Verkehrsexperten: Jens-Jochen Roth will "die Z-Verschwenkung" zwischen Jahn-, Steinsberg- und Friedrichstraße entschärfen. Der Verkehr, so glaubt er, rolle doch "besser geradeaus von der Jahn- in die Neulandstraße durch und biegt dann in die Strombergstraße ab". Hierdurch, glaubt der Vorsitzende des Arbeitskreises Nahverkehr und hauptberufliche Verkehrslogistiker, entstünden weniger "verheerende Verhältnisse für Radfahrer und Fußgänger" in der Südstadt. Eine Idee, der die Verwaltungsspitze, wie herauszuhören war, durchaus etwas abgewinnen kann.
Polizei-Experten hätten allerdings "Bedenken wegen des zu engen Straßen-Querschnitts" angemeldet, sagte Oberbürgermeister Jörg Albrecht. "Wir haben gekämpft", verriet er. Die Polizei-Entscheidung – für Roth "nicht nachvollziehbar". Helmut Göschel, lange Jahre Verkehrspolitiker im Landtag, brachte die Situation auf die Palme: "Was für ein Riesen-Schwachsinn" schnaubte Göschel in die Runde.
Reihum regnete es Erfahrungen aus betroffenen Stadtteilen: Die Beschilderung der aktuellen Autobahn-Umleitungsstrecke durch Rohrbach – dort wechselten sich eingeschränkte und absolute Halteverbote munter ab – konnte "Aktiv für Sinsheim"-Mann Stefan Schubert "nicht nachvollziehen". Friedhelm Zoller, Rohrbachs Ortsvorsteher und CDU-Sprecher, hieb in eine bekannte Kerbe: Das Anliegen sei beim Ortstermin "von der Polizei abgelehnt worden". Aus Hoffenheim hört man von Marc Heinlein, ebenfalls CDU, dass die auf der Stadteinfahrt der Bundesstraße 45 installierte Bedarfsampel "viel zu lange rot" sei, auch zu verkehrsarmen Zeiten. Auch diese Ampel, die wiederum von aus Dührener Richtung kommenden Abbiegern in die Weststadt und Richtung Hoffenheim gelobt wird, sei der Verkehrsentlastung geschuldet.
Bemüht, das Ganze auf einen Nenner herunterzubrechen, war die Verwaltungsspitze: "Wo eine Baustelle ist, gibt es auch Betroffene – leider", sagte Schutz. Albrecht verwies auf "ganze vier Informationstreffen mit Anliegern und Bürgern". Er könne "auch nicht ganz verstehen", dass die derzeitige Situation so scharf angegangen werde; schließlich liege allem ein Ratsbeschluss zugrunde, welcher die Vollsperrung "einer 500.000 Euro teuren Umfahrungstraße" vorziehe – auch hierfür habe man gekämpft, sagt Albrecht: "Aber wir können morgen alles abräumen und dann bauen wir die Straße halt."
Gegenseitiges in Schutz-Nehmen – auch das gab es. Freie-Wähler-Rat Manfred Wiedl, selbst Polizist, nahm seine Sinsheimer Kollegen aus der Schusslinie: "Wir reden nicht von der Polizei Sinsheim"; es gebe auf der Wache vor Ort genügend Skeptiker der aktuellen Verkehrslenkung. Der erste Bundesliga-Samstag am vergangenen Wochenende sei aber "trotz Baustelle vorbildlich gelaufen". Versöhnlich klang auch SPD-Sprecher Michael Czink: Er bat darum, "unsere Anfragen nicht in den falschen Hals zu kriegen"; man sei jedoch als Gremium Ansprechpartner und müsse "Antworten liefern". Diese erhofft Czink sich jetzt von der Polizei und will, "dass das öffentlich besser erklärt wird".
Den Planern zur Seite sprang Freie-Wähler-Stadtrat Harald Gmelin: Es beschwere sich zurzeit "alles und jeder - aber wie viele Besucher waren bei der Bürgerinformation?" Knapp 20 Personen hatten den Termin zu Beginn vergangener Woche im Rathaus besucht.